lon
ren
hin
ng,
un-
en,
Das Prinzip der kleinsten Wirkung.
(Aus der „Kultur der Gegenwart“, 1915.)
Solange es eine physikalische Wissenschaft gibt, hat ihr als höchstes
erstrebenswertes Ziel die Lösung der Aufgabe vorgeschwebt, alle
beobachteten und noch zu beobachtenden Naturerscheinungen in ein
einziges einfaches Prinzip zusammenzufassen, welches gestattet, so-
wohl die vergangenen als auch besonders die zukünftigen Vorgänge
aus den gegenwärtigen zu berechnen. Es liegt in der Natur der Sache,
daß dieses Ziel weder heute erreicht ist, noch jemals vollständig er-
reicht werden wird. Aber wohl ist es möglich, sich ihm immer mehr
anzunähern, und die Geschichte der theoretischen Physik zeigt, daß
auf diesem Wege schon eine reiche Anzahl wichtiger Erfolge ge-
wonnen werden konnte, welche deutlich dafür sprechen, daß das
ideale Problem kein rein utopisches, sondern: vielmehr ein eminent
fruchtbares ist und daher gerade vom praktischen Standpunkt aus
stets im Auge behalten zu werden verdient.
Unter den mehr oder weniger allgemeinen Gesetzen, welche die
Errungenschaften der physikalischen Wissenschaft in der Entwick-
lung der letzten Jahrhunderte bezeichnen, ist gegenwärtig das Prin-
zip der kleinsten Wirkung (Aktion) wohl dasjenige, welches nach
Form und Inhalt den Anspruch erheben darf; jenem idealen Endziel
der theoretischen Forschung am nächsten zu kommen. Seine Bedeu-
tung, in gehöriger Allgemeinheit aufgefaßt, erstreckt sich nicht allein
auf mechanische, sondern auch auf thermische und elektrodyna-
mische Erscheinungen, und in allen seinen Anwendungsgebieten gibt
es nicht nur Aufschluß über gewisse Eigenschaften der betreffenden
physikalischen Vorgänge, sondern es regelt ihren räumlichen und
zeitlichen Ablauf vollkommen eindeutig, indem es sämtliche darauf
bezügliche Fragen beantwortet, sobald nur die nötigen Konstanten
sowie die der Willkür unterliegenden äußeren Bedingungen gegeben
sind.
Freilich ist diese zentrale Stellung des Prinzips der kleinsten Wir-
kung auch heute noch nicht ganz ‘unbestritten. Besonders scharfe
Konkurrenz machte ihm eine Zeitlang das Prinzip der Erhaltung der
Energie, welches ebenfalls die gesamte Physik beherrscht und sicher-
lich den Vorteil größerer Anschaulichkeit voraus hat. Daher dürfte
es sich empfehlen, zunächst die Stellung dieser beiden Prinzipien zu-
einander hier mit einigen Worten zu beleuchten.
Das Prinzip der Erhaltung der Energie läßt sich aus dem Prinzip