Full text: Vorträge und Erinnerungen

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Kausalgesetz und Willensfreiheit. 
(Offentlicher Vortrag, gehalten in der Preufischen Akademie der Wissen- 
schaften am 17. Februar 1923.) 
Meine hochverehrten Damen und Herren! Kausalgesetz und Wil- 
lensfreiheit — ein Thema so alt wie der innere Drang eines jeden 
ernsthaft nachdenkenden Menschen, das Bewußtsein seiner eigenen 
sittlichen Würde in Einklang zu bringen mit seiner Überzeugung von 
dem Walten einer strengen Gesetzlichkeit in dem gesamten. Getriebe 
der äußeren und inneren Welt. Offenbart sich hier doch auf den 
ersten Anblick ein Gegensatz, wie er schärfer kaum gedacht werden 
kann. Auf der einen Seite der Ablauf aller Geschehnisse nach unver- 
brüchlichen Regeln — in der Natur wie im Geistesleben —, die Vor- ' 
bedingung jeder wissenschaftlichen Erkenntnis und die Grundlage 
allen praktischen Handelns. Auf der anderen Seite die uns in unserem 
Selbstbewufstsein, also durch die unmittelbarste Erkenntnisquelle, die 
es geben kann, verbürgte Gewifheit, daf3 wir letzten Endes selber 
Herr sind über unsere eigenen Gedanken und Entschliefungen, dafj 
wir in jedem Augenblick die Môglichkeit haben, so oder so zu han- 
deln, klug oder tóricht, gut oder schlecht. Wie reimt sich dies beides 
zusammen? Sicherlich ist doch jeder einzelne von uns auch nur ein 
Stück der grofen Welt, und daher ebenso wie alle übrigen Wesen 
ihren Gesetzen unterworfen. 
Schier unbegrenzt ist die Anzahl der Untersuchungen und die Fülle 
der Gedanken, welche die scharfsinnigsten Geister aller Kulturvólker 
diesem Problem gewidmet haben, und entsprechend unbegrenzt ist 
die Zahl der Vorschláge, welche zu seiner Lósung beigebracht wor- 
den sind. Erwarten Sie nicht, verehrte Anwesende, oder vielleicht 
besser gesagt: fürchten Sie nicht, daß ich den Ehrgeiz habe, alle auf 
diesem Gebiet angestellten Spekulationen um eine weitere zu ver- 
mehren. Was mich dazu veranlaßt hat, zu diesem Thema hier vor 
Ihnen das Wort zu nehmen, ist ein rein praktischer Beweggrund, ist 
der Hinblick auf eine ebenso augenfállige wie unbefriedigende Tat- 
sache. 
Nach alledem, was bis jetzt über unser Problem in Jahrhunderten 
gedacht und geschrieben worden ist, sollte man annehmen, daß wir 
beute seiner Lósung, wenn auch nicht vollkommen mächtig geworden, 
so doch wenigstens insofern einigermafhen nahegekommen sind, als 
über gewisse Grundlagen derselben bei allen Denkern einige Über- 
einstimmung erzielt worden ist. Was wir in Wirklichkeit gewahren, 
 
	        
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