Full text: Vorträge und Erinnerungen

uer 
nse- 
*in- 
mal 
bte 
er- 
    
  
Sinn und Grenzen der exakten Wissenschaft 
(Vortrag, gehalten zuerst im November 1941 im Goethe-Saal des Harnack-Hauses 
der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften zu Berlin.) 
Exakte Wissenschaft — was liegt alles in diesen beiden Worten! 
Sie erwecken die Vorstellung eines stolzen, aus fest gefügten Quadern 
errichteten Gebäudes, welches die Schätze aller Weisheit in sich birgt 
und damit der nach Erkenntnis dürstenden Menschheit das Ziel ihrer 
Sehnsucht, die endgültige Entschleierung der Wahrheit, zu verwirk- 
lichen verheißt. Und da Wissen immer auch Macht bedeutet, so ist 
mit der Erkenninis der in der Natur wirksamen Kräfte stets auch die 
Aussicht eröffnet, zur Herrschaft über sie zu gelangen und sie sich 
nach jeder gewünschten Richtung dienstbar zu machen. 
Aber das ist noch nicht alles und nicht einmal das Wichtigste. Der 
Mensch will nicht nur Erkenntnis und Macht, er will auch eine Richt- 
schnur für sein Handeln, einen Maßstab. für das Wertvolle und Wert- 
lose, er will eine Weltanschauung, die ihm das höchste Gut auf Erden, 
den inneren Seelenfrieden, verbürgt. Und wenn ihn die Religion nicht 
befriedigt, so sucht er einen Ersatz für sie bei der exakten Wissen- 
schaft. Ich erinnere hier nur an die Bestrebungen des noch vor einem 
Menschenalter in hohem Ansehen stehenden, von hervorragenden 
Gelehrten, Philosophen und Naturforschern gegründeten Monisten- 
bundes. 
Heute spricht man freilich. kaum mehr von jenem gewiß groß 
angelegten und mit hohen Verheißungen ins Leben getretenen Unter- 
nehmen. Es muß also doch wohl etwas in der Rechnung nicht stimmen. 
Und in der Tat: wenn wir etwas näher zusehen und den Aufbau der 
exakten Wissenschaft einer genaueren Prüfung unterziehen, dann 
werden wir sehr bald gewahr, daß das Gebäude eine gefährlich 
schwache Stelle besitzt, und diese Stelle ist das Fundament. Dem 
Bau fehlt eine von vornherein. nach allen Richtungen hin gesicherte, 
von äußeren Stürmen nicht zu erschütternde Grundlage, oder mit 
anderen Worten: es gibt für die exakte Wissenschaft kein Prinzip 
von so allgemeiner Gültigkeit und zugleich von so bedeutsamem In- 
halt, daß es ihr als ausreichende Unterlage dienen kann. Wohl rechnet 
sie allenthalben mit Maß und Zahl und trägt daher mit vollem Recht 
ihren solzen Namen; denn die Gesetze der Logik und der Mathematik 
müssen wir ohne Zweifel als zuverlässig betrachten. Aber auch die 
     
   
   
    
    
   
  
  
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.