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Oberflachenspannung. Tropfenbildung 69
anf reinem Glas bildet keine Kugeltropfen, weil das Wasser adhàriert,
wohl aber auf Staub oder Pflanzenbláttern.
FlieBt Flüssigkeit aus einem engen Rohr aus, so bilden sich
(Fig. 86) Tropfen.
Der Tropfen fällt zunächst nicht, weil die Oberfläche wie eine
an der runden Glasröhre befestigte Membran sich immer mehr
und mehr aufbläht. Erreicht der Tropfen eine bestimmte Größe
und somit ein bestimmtes Gewicht p, so fällt er, an der Stelle d
reißend, weil jetzt gerade p ein wenig größer als die Oberflächen-
spannung làngs der Kreislinie dz geworden ist; also im Momente
des ReiBens ist p— dax. d ist etwas kleiner als der àuDere Durch-
messer der Röhre und kann ebenso experimentell gemessen werden wie p. Das ist eine
der vielen Bestimmungsmethoden der Oberfláchenspannung «.
Für medizinische Zwecke wurden eigene Stalagmo meter konstruiert,
Glaskapillaren, aus denen einmal Wasser und dann ein gleich groDes Vo-
lumen der zu untersuchenden Flüssigkeit, z. B. Blut, sehrlangsam abtropft.
Es gibt Apparate, durch die das Zàhlen der Tropfen auch automatisch
besorgt wird. Man kann so rasch die Oberflàchenspannung ganz
kleiner Flüssigkeitsmengen finden aus der Tropfenzahl, in die ein
bestimmtes Volumen der Flüssigkeit zerfällt. Diese Zahl ist bei
verschiedenen Flüssigkeiten sehr verschieden. Aus einem Tropfgläschen
mit 3 mm Durchmesser fließend (Fig. 87), zerfällt z. B. 1 cm? Wasser in
20 Tropfen, aber ı cm? Olivenöl in 47, Chloroform in 50 oder Äther in
80 Tropfen; solche Differenzen müssen bei Aufstellung von Rezepten
berücksichtigt werden.
97. In Fig. 88 liegt auf Wasser eine andere Flüssigkeit F in Tropfenform.
Auf den Punkt o (natürlich analog auf die rechte Seite des Tropfens) wirken dann die
Oberflächenspannungen: Flüssigkeit-Luft ol, Wasser-Luft
ol, und Flüssigkeit-Wasser ow. Diese drei Kräfte müBten
sich in der Ruhe das Gleichgewicht halten. Im gegebenen
Beispiele entsprechen die gezeichneten Kräfte jenem Falle,
in dem F z. B. ein Tropfen Terpentinól wáre. Man sieht hier,
daB ol, so groß ist, daB der Punkt o des Óles gegen links ge- Fig. 88.
zogen wird. Natürlich geht ein analoger Zug nach allen
Seiten. Legt man also einen Oltropfen auf Wasser, so zieht die starke Oberflächen-
spannung des Wassers den Oltropfen nach allen Seiten sehr auseinander, das Öl wird
auf dem Wasser ausgebreitet. Die Kohäsion des Wassers betätigt sich auf Kosten der
kleineren Kohäsion des Öles. Darauf beruht das Ölen des Meeres zur Beruhigung des
Wellenganges. Die Erscheinungen von $$ 92, 93 lassen sich auch durch Oberflächen-
spannungen erklären. Ist eine Glasplatte naß und bringt man in die Mitte ein Tröpf-
chen Alkohol, so zieht die große Wasseroberflächenspannung den Alkohol nach allen
Seiten von der Mitte weg, die trocken wird. Bei Behandlung von Schnitten unter dem
Mikroskop sieht man solche Erscheinungen oft.