Full text: Das Wesen des Lichts

   
  
  
‚eine den ganzen unendlichen Raum stetig erfüllende feine 
Materie, den Lichtäther, zugrunde, dessen Wellen im Auge 
ebenso die Lichtempfindungen erregen, wie die Luftwellen 
im Ohre die Tonempfindungen; und wie für das Gehör die 
Tonhöhe, so wird für das Gesicht die Farbe durch die Längen 
der Wellen oder, was auf dasselbe hinauskommt, durch die 
Zahl'der Schwingungen pro Sekunde charakterisiert. Was 
der Huygensschen Theorie nach hartem Kampf schlieflich 
das entschiedene Übergewicht über die Newtonsche verlieh, 
war schließlich neben mehreren anderen Umständen die Tat- 
sache, daß, wenn zwei Lichtstrahlen gleicher Farbe auf gleieher 
Bahn zusammentreffen, sich ihre Intensitäten keineswegs 
immer einfach addieren, sondern unter gewissen Bedingungen 
sich gegenseitig schwächen, ja sogar vollständig auslöschen. 
Diese Erscheinung, die Interferenz, wird nach der Huygens- 
schen Auffassung ohne weiteres dadurch verständlich, daß 
immer ein Wellenberg des einen Strahles mit einem Wellen- 
tal des anderen Strahles zusammentrifft, wihrend die New- 
tonsche Emanationstheorie an diesem Punkt naturgemäß 
versagt, da es durchaus nicht einzusehen ist, wie zwei gleich- 
artige, in gleicher Richtung mit der nämlichen Geschwindig- 
keit fliegende Substanzteilchen sich gegenseitig neutrali- 
sieren kônnen. 
Fin weiterer grundsätzlich bedeutsamer Einblick in das 
Wesen des Lichtes ward gewonnen durch die Erkenntnis 
der Identität der leuchtenden und der wärmenden Strahlen ; 
er bildet den ersten Schritt auf dem oben angedeuteten Wege 
der vollständigen Abstraktion von den menschlichen Sinnes- 
empfindungen. Daß die kalten Lichtstrahlen des Mondes, 
physikalisch genommen, von genau der nämlichen Art sind, 
wie die dunklen Wärmestrahlen eines geheizten Kachelofens, 
nur durch die viel kürzere Wellenlänge von ihnen verschieden, 
ist eine Behauptung, von der man sich nicht wundern darf, 
  
   
 
	        
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