Full text: Das Wesen des Lichts

   
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len haben ganz den Charakter der Lichtwellen, es sind eben- 
falls elektromagnetische Schwingungen, nur von ungeheuer 
viel kürzerer Wellenlänge; daB sie auch den nämlichen Ge- 
setzen gehorchen, wurde durch die jüngste Lauesche Ent- 
deckung der Interferenzerscheinungen bei Räntgenstrahlen 
/ noch besonders bekráftigt. Es ist bemerkenswert, wie leicht 
“ und sozusagen gerüuschlos sich in der physikalischen Litera- 
tur der Übergang von der mechanischen zu der elektro- 
magnetisehen Betrachtungsweise vollzog — ein gutes Beispiel 
dafür, daB der Kern einer physikalischen Theorie nicht in den 
Anschauungen liegt, von denen sie ausgeht, sondern in den 
Gesetzen, zu denen sie führt. Die Grundgleichungen der 
Optik blieben bestehen, sie waren ja auch in Übereinstim- 
mung mit der Erfahrung; aber sie wurden nun nicht mehr 
mechanisch gedeutet, so wie sie abgeleitet worden waren, 
sondern elektromagnetisch, und dadurch erweiterte sich ihr 
Anwendungsbereich ins Ungeheure. 
Es ist nicht das erstemal, daB ein wichtiges, weitgesteck- 
tes Ziel erreicht worden ist auf einem Wege, der sich hinter- 
her als unzuverlássig erwiesen hat. Man kónnte versucht 
sein, daraus den Schluß zu ziehen, daß die Theorie besser 
täte, von der Ausarbeitung spezieller, über die unmittelbare 
Erfahrung hinausgehender Hypothesen überhaupt abzu- 
sehen und sich auf das rein Tatsáchliche, d. h. auf die Er- 
gebnisse der Messungen, zu beschränken. Indessen würde 
sie dadurch gerade das wichtigste Hilfsmittel aus der Hand 
geben, das sie zum Vorwärtskommen unbedingt nötig hat: 
die Aufstellung und folgerichtige Entwicklung von Gedanken, 
die weiterführen. Hierzu bedarf es nicht nur des Verstandes, 
sondern auch der Phantasie. In der Tat: Mag auch die 
mechanische Lichttheorie heute ihren Dienst getan haben, 
ohne sie wäre die Optik sicherlich nicht so schnell zur 
heutigen Blüte gelangt. 
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
    
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