lichen Lichtempfindung überhaupt vollständig durchgeführt
werden kann, ist keineswegs von vornherein selbstverständ-
lich, und daß sie im Grunde genommen eine sehr schwierige
Gedankenoperation bedingt, beweist nichts besser als der
Umstand, daß noch vor hundert Jahren ein gerade auch
naturwissenschaftlich so reich veranlagter, aber der analy-
sierenden Betrachtungsweise weniger geneigter Geist, wie
es Johann Wolfgang von Goethe war, der das Einzelne
nie ohne das Ganze sehen wollte, es zeitlebens grundsätzlich
abgelehnt hat, jene Scheidung anzuerkennen, Und in der
Tat: Welche Behauptung könnte für den Unbefangenen ein-
leuchtendere Gewißheit besitzen als die, daß Licht ohne ein
empfindendes Auge undenkbar, ein Nonsens ist? Aber was
in diesem letzten Satze unter Licht zu verstehen ist, um ihm
einen unanfechtbaren Inhalt zu geben, ist etwas ganz anderes
als der Lichtstrahl des Physikers. Wenn auch der Name der
Einfachheit halber beibehalten worden ist, so hat doch die
physikalische Lehre vom Licht oder die Optik, in ihrer vollen
Allgemeinheit genommen, mit dem menschlichen Auge und
mit der Lichtempfindung so wenig zu tun, wie etwa die Lehre
von den Pendelschwingungen mit der Tonempfindung, und
eben dieser Verzicht auf die Sinnesempfindung, diese Be-
schránkung auf die objektiven, realen Vorgünge, welche an
sich ohne Zweifel éin bedeutendes, der reinen Erkenntnis
zuliebe gebrachtes Opfer vom Standpunkt des unmittelbaren
menschlichen Interesses bedeutet, hat einer über alles Er-
warten groDartigen Erweiterung der Theorie den Weg ge-
ebnet und gerade auch für die praktischen Bedürfnisse der
Menschheit reiche Früchte ungeahnter Art gezeitigt.
Für die Frage nach dem physikalischen Wesen eines Licht-
strahls war von entscheidender Bedeutung die Entdeckung,
daB das Licht, sowohl dasjenige, welches von den Gestirnen
kommt, als auch das aus irdischen Lichtquellen stammende,