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eine gewisse meßbare Zeit braucht, um sich: von dem Orte
seiner Entstehung bis zu dem Orte der Wahrnehmung fort-
zupflanzen. Was ist nun aber dieses Etwas, das sich in dem
leeren Weltenraum oder in der atmosphärischen Luft mit der
ungeheuren Geschwindigkeit von 300 000 km in'der Sekunde
nach allen Seiten ausbreitet? Der Begründer der klassischen
Mechanik, Isaac Newton, machte die einfachste und nahe-
liegendste Annahme, daß es gewisse winzig kleine substan-
zielle Partikelchen sind, welche von der Lichtquelle, etwa
einem glühenden Kórper, mit jener Geschwindigkeit nach
allen. Richtungen auseinanderfliegen, verschiedenartig fiir
jede Farbe, und es ist uns heute immér noch ein besonders
auffallender. Beweis dafür, daD auch in. der exaktesten aller
Naturwissenschaften eine überragende Autorität unter Um-
stánden einen hemmenden EinfluB auf die Entwickelung
der Wissenschaft ausüben kann, wenn wir bedenken, dao
diese Newtonsche Emanationstheorie ein volles Jahrhundert
lang entschieden die Herrschaft behaupten konnte, trotzdem
ihr ein anderer hochbedeutender Forscher, Christian Huy-
gens, von Anfang an seine viel leistungsfáhigere Undula-
tionstheorie gegenübergestellt hatte. Huygens stellte die
Geschwindigkeit des Lichtes nicht, wie Newton, in Parallele
mit der Geschwindigkeit des Windes, sondern mit der Ge-
schwindigkeit des Schalles, bei welchem die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit ja etwas ganz anderes bedeutet als die Ge-
schwindigkeit der Luftbewegung. Was sich in der Luft von
einem tönenden Instrument aus oder auf einer Wasserfläche
von einem hineingeworfenen Stein aus nach allen: Richtungen
mit gleichmáBiger Geschwindigkeit ausbreitet; sind nicht die
Luft- oder Wasserteilchen selber, sondern vielmehr die Ver-
dichtungen und Verdünnungen oder die Wellenberge und
-täler, also nicht die Materie selber, sondern ein bestimmter
Zustand der Materie. Daher legte Huygens seiner Theorie