202 Anwendungen auf spexielle Gleichgewichtsxustünde
flüchtigeren Komponente in beiden Phasen gleichzeitig abnimmt,
also daß z. B. bei fortschreitender Destillation einer Mischung von
Wasser und Alkohol sowohl das Destillat als auch der Rückstand mit
steigender Temperatur immer alkoholärmer wird. Dieses Resultat
kommt natürlich dadurch zustande, daß das Verhältnis der in irgend
einem Augenblicke verdampfenden Alkoholmenge zu der gleich-
zeitig verdampfenden Wassermenge grofer ist als ¢, aber kleiner
ist als c". Durch ersteren Umstand wird bedingt, dab die
Flüssigkeit alkoholàrmer wird (dc — 0) durch den zweiten Um-
stand, dab der Dampf alkoholàrmer wird (de”< 0).
Bei gehóriger Fortsetzung dieses isobaren Verdampfungs-
prozesses kônnen zwei Fülle eintreten, je nachdem die Kon-
zentration c, welche ja zwischen 0 und c" liegt, schlieBlich mit
dem Werte Null oder mit c" zusammenfàll. Im ersten Fall,
für c— 0, ist schlieflich die flüchtigere Komponente ganz in die
zweite Phase übergegangen, und man erhält in der ersten Phase
die weniger flüchtige Komponente mit jedem beliebigen Grade
von Reinheit. Das trifft z. B. zu bei Wasser und Athylalkohol.
Im zweiten Fall aber wird bei einer bestimmten Temperatur
c— c". Dann àndert sich, wie man aus den letzten beiden
Gleichungen erkennt, der Siedepunkt T nicht mehr mit der
Konzentration, *d. h. die weitere Verdampfung erfolgt ohne Tem-
peraturerhóhung, und das Gemisch siedet konstant, Destillat
und Rückstand weisen dauernd dieselbe prozentische Zusammen-
setzung auf, z. B. für Wasser und Ameisensáure bei etwa 80°/,
Säuregehalt (etwas verschieden je nach der Größe des äußeren
Druckes).
Für dieses spezielle Mischungsverhältnis ist also die Siede-
temperatur T ein Maximum: eT — 0. Eine jede Lósung von
Ameisensäure in Wasser nähert sich daher bei steigender Siede-
temperatur, d. h. bei fortgesetzter Destillation diesem bestimmten
Mischungsverhältnis immer mehr an, sei es, daB man ursprünglich
von größerem oder von kleinerem Säuregehalt der Flüssigkeit aus-
geht. Da die Konzentrationen in beiden Phasen sich in demselben
Sinne ändern, so zeigen dieselben stets beide übereinstimmend
entweder größeren oder kleineren Säuregehalt als 809/. Im
ersten Fall nimmt bei fortschreitender Verdampfung der Säure-
gehalt in beiden Phasen ab, im zweiten zu. Folglich ist nach
—Hd OB oo