84 Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie
reversibel, welche in der $ 71 auseinandergesetzten Ausdrucks-
weise aus lauter Gleichgewichtszuständen bestehen und daher
in allen ihren Teilen direkt umgekehrt werden können, ferner
alle vollkommen periodisch verlaufenden Prozesse (ideales Pendel,
Planetenbewegung); denn nach Ablauf einer Periode ist der
Anfangszustand überall in der ganzen Natur wiederhergestellt.
Aber auch sämtliche andere rein mechanischen Prozesse, in
denen keinerlei Reibungswárme auftritt, sind reversibel. Denn
durch Einführung geeigneter, aus absolut festen Führungen,
reibungslosen Gelenken und Róhren, undehnbaren Seilen usw.
zusammengesetzten Maschinen kann man stets bewirken, dab
die veränderten Systeme wieder vollständig in den Anfangszustand
zurückgeführt werden, ohne daß an diesen Maschinen, die
ja selber niemals Arbeit erzeugen, irgend eine Veränderung
zurückbleibt.
Wenn z. B. eine in zwei kommunizierenden Röhren auf ver-
schiedenen Niveauhöhen befindliche ursprünglich ruhende schwere
Flüssigkeit, wie in $ 107 beschrieben, durch ihr Gewicht in
Bewegung gerät, so wird sie vermóge der gewonnenen leben-
digen Kraft die Gleichgewichtslage überschreiten, nach der ent-
gegengesetzten Seite pendeln und schlieBlich, da keine Reibung
vorausgesetzt ist, genau in ihren Anfangszustand zurückkehren.
Dann ist der Prozeß vollständig rückgängig geworden und ge-
hört daher zu den reversibeln Prozessen.
Sobald aber die Reibung ins Spiel kommt, ist die Rever-
sibilitàt mindestens fraglich. Ob es überhaupt irreversible Prozesse
gibt, kann man von vornherein nicht wissen und auch nicht be-
weisen; denn rein logisch genommen ist es sehr wohl denkbar,
daB eines Tages ein Mittel aufgefunden würde, durch dessen An-
wendung es gelänge, einen bisher als irreversibel angenommenen
Prozeß, z. B. einen Vorgang, in welchem Reibung oder Wärme-
leitung vorkommt, vollständig rückgängig zu machen. Wohl aber
làBt sich beweisen — und dieser Beweis wird im nächsten Kapitel
geführt werden —, daB, wenn auch nur in einem einzigen Falle
einer der in den S8 109 ff. als irreversibel bezeichneten Prozesse
in Wirklichkeit reversibel würe, es notwendig auch alle übrigen
in allen Fällen sein müßten. Folglich sind entweder sämt-
liche oben angeführte Prozesse wirklich irreversibel, oder es ist
kein einziger von ihnen. Ein Drittes ist ausgeschlossen. lm