Erster Abschnitt.
Grundtatsachen und Definitionen.
Erstes Kapitel. Allgemeines.
$ 1. Wärme kann sich in einem ruhenden Medium auf
zwei gänzlich verschiedene Arten fortpflanzen: durch Leitung
und durch Strahlung, Die Wärmeleitung ist bedingt durch
die Temperatur des Mediums, in welchem sie stattfindet, speziell
durch die Ungleichmäßigkeit der räumlichen Temperaturverteilung,
welche gemessen wird durch die GrôBe des Temperaturgefälles
oder Temperaturgradienten. In Gebieten, wo die Temperatur
des Mediums sich nicht mit dem Orte ändert, verschwindet jede
Spur von Wärmeleitung.
Die Wärmestrahlung dagegen ist an sich gänzlich un-
abhängig von der Temperatur des Mediums, durch welches sie
hindurchgeht. So kann man durch eine Sammellinse von Eis
hindurch, die sich auf der konstanten Temperatur von 0? C.
befindet, Sonnenstrahlen in einen Brennpunkt konzentrieren und
zur Entzündung eines leicht brennbaren Kórpers benutzen. Im
allgemeinen ist die Wàrmestrahlung ein viel komplizierterer Vor-
gang als die Wärmeleitung, weil der Strahlungszustand in einem
bestimmten Augenblick an einer bestimmten Stelle des Mediums
sich nicht, wie der Wärmeleitungsstrom, durch einen einzigen
Vektor, d. h. durch eine einzige gerichtete GrôBe, charakterisieren
läôt. Vielmehr sind die Wärmestrahlen, welche in einem be-
stimmten Augenblick das Medium an einem bestimmten Punkte
durchkreuzen, von vornherein gänzlich unabhängig voneinander,
und man darf den Strahlungszustand nicht eher als vollkommen
bekannt ansehen, als bis die Intensität der Strahlung nach jeder
einzelnen der unendlich vielen von einem Punkte ausgehenden
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PLancx, Wärmestrahlune. 5. Auflage.