22] Die Thermodynamik chemischer Vorgänge
von
H. Helmholtz.
(Sitzber. d. kgl. preuss. Akad. d. Wissensch. Berlin 1882. 1. Halb-
band, S. 22—39.)
Die bisherigen Untersuchungen über die Arbeitswerthe
chemischer Vorgänge beziehen sich fast ausschliesslich auf die
bei Herstellung und Lösung der Verbindungen auftretenden
oder verschwindenden Wärmemengen. Nun sind aber mit den
meisten chemischen Veränderungen Aenderungen des Aggregat-
zustandes und der Dichtigkeit der betreffenden Körper unlös-
lich verbunden. Von diesen letzteren aber wissen wir schon,
dass sie Arbeit in zweierlei Form zu erzeugen oder zu ver-
brauchen fähig sind, nämlich erstens in der Form von Wärme,
zweitens in Form anderer, unbeschränkt verwandelbarer
Arbeit. Ein Wärmevorrath ist bekanntlich nach dem von
rn. Clausius prüciser gefassten Carnot'sehen Gesetze nicht
unbeschränkt in andere Arbeitsüquivalente verwandelbar; wir
kónnen das immer nur dadureh und auch dann nur theilweise
erreichen, dass wir den nicht verwandelten Rest der Wärme
in einen Körper niederer Temperatur übergehen lassen.2) Wir
wissen, dass beim Schmelzen, Verdampfen, bei Ausdehnung
von Gasen u. s. w. auch Wärme aus den umgebenden gleich
temperirten Körpern herbeigezogen werden kann, um in Arbeit
anderer Form überzugehen. Da solche Veränderungen, wie
gesagt, unlöslich mit den meisten chemischen Vorgängen ver-
bunden sind, so zeigt schon dieser Umstand, dass man auch
ei den letzteren nach der Entstehung dieser zwei Formen
von Arbeitsiquivalenten fragen und sie unter die Gesichts-
punkte des Carnot'schen Gesetzes stellen muss. Bekannt ist
lingst, dass es von selbst eintretende und ohne üussere Trieb-
kraft weitergehende chemische Prozesse giebt, bei denen Kälte
Ostwald’s Klassiker. 124. 2
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