Full text: Die Physik im Kampf um die Weltanschauung

  
    
  
    
gehenden Lichtstrahlen unabhängig vom Auge behandelt. 
Das führt zu einer andersartigen Einteilung der Physik, 
bei welcher einzelne Gebiete eine Umgruppierung er- 
fahren, indem die Sinnesorgane ganz in den Hintergrund 
treten. So wurden nun die Wärmestrahlen, wie sie etwa 
von einem geheizten Kachelofen ausgesendet werden, 
ganz aus der Wärmelehre herausgenommen und der 
Optik zugeteilt, um dort. als völlig gleichartig mit den 
Lichtstrahlen behandelt zu werden. Gewiß liegt in einer 
solchen Umstellung, welche die Sinnesempfindung völlig 
ignoriert, etwas HEinseitiges und Gewaltsames. Dem 
Sinnesmenschen Goethe wäre sie ein Greuel gewesen. 
Denn in seinem stets aufs Ganze gerichteten Blick hielt 
er fest an dem Primat der unmittelbaren Empfindung 
und konnte daher niemals einwilligen in eine Trennung 
des Sehorgans von der Lichtquelle. 
Wär’ nicht das Auge sonnenhaft, 
Wie könnten wir das Licht erblicken? 
Und doch hätte Goethe ein Jahrhundert später den 
milden Glanz einer Glühlampe an seinem Schreibtisch 
sich vermutlich doch wohl gern gefallen lassen, obwohl 
deren Herstellung gerade auf der Grundlage der von ihm 
so heiß bekämpften physikalischen Theorie gelungen war. 
Daß eben dieser so erfolgreichen Theorie bei ihrer kon- 
sequenten Weiterbildung nach Verlauf weniger Jahrzehnte 
die entgegengesetzte Einseitigkeit zum Verhängnis werden 
würde, konnte freilich zu'seinen Lebzeiten weder Goethe 
noch sein groBer wissenschaftlicher Gegner Newton im 
voraus ahnen. Doch ich will nicht vorgreifen und kehre 
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