die neuere Physik hat uns einen Fingerzeig gegeben, der
noch deutlicher in dieselbe Richtung weist. Sie hat uns
gelehrt, daß man dem Wesen eines Gebildes nicht auf
die Spur kommt, wenn man es immer weiter in seine
Bestandteile zerlegt und dann jeden Bestandteil einzeln
studiert, da bei einem solchen Verfahren oft wesentliche
Eigenschaften des Gebildes verloren gehen. Man muß
vielmehr stets auch das Ganze betrachten und auf den
Zusammenhang der einzelnen Teile achten.
Nicht anders verhält es sich mit dem Inhalt des
geistigen Lebens. Wissenschaft, Religion, Kunst lassen
sich niemals vollständig voneinander trennen. Stets ist
das Ganze noch etwas anderes als die Summe der ein-
zelnen Teile. Das Nämliche gilt schließlich auch bei der
: Anwendung auf die ganze Menschheit. Es wáre eine
lächerliche Einfalt, wenn man versuchen wollte, durch
das Studium auch noch so vieler einzelner Menschen einen
Begriff zu bekommen von den Eigentümlichkeiten ihrer
Gesamtheit. Denn jeder Einzelne gehört zunächst einer
Gemeinschaft an, seiner Familie, seiner Sippe und seinem
Volke, einer Gemeinschaft, der er sich ein- und unter-
ordnen muß und von der er sich niemals ungestraft los-
lösen kann. Daher ist auch jede Wissenschaft, ebenso wie
jede Kunst und jede Religion, auf nationalem Boden
erwachsen. Daß man dies eine Zeitlang vergessen konnte,
hat sich an unserm Volke bitter genug gerächt.
Nun, das ist ja alles wohl bekannt, können Sie sagen,
aber um das einzusehen, bedarf es nicht erst des Um-
weges über die Physik. Nein, ganz gewif nicht. An dieser
Stelle handelt es sich mir auch nur darum, festzustellen,
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