Full text: Das Buch berühmter Ingenieure

   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
     
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John Ericsson. 
  
den letten Jahren, sein Selbstbewußtsein und das unbegrenzte Vertrauen 
in die Richtigkeit des eigenen Urteils, die ihn gerade in den letzten Jahr- 
zehnten, im Anſchluß an seine Sonnenmotorarbeiten und infolge seines 
hitzigen, aufbrauſenden Temperaments, oft genug in Polemiken mit ange- 
ſehenen Fachgelehrten verwickelten. Wie groß der Stolz und die Einge- 
nommenheit von ſich ſelbſt bei ihm war, geht am besten aus einem seiner 
Briefe hervor, in dem er ſeiner Überzeugung Ausdruck gibt, daß „die Vor- 
ſehung mich mit größeren Fähigkeiten als irgendeinen anderen Menſchen 
ausgerüstet hat"“. Je älter er wurde, um so mehr ließ er im Verkehr mit 
anderen dieſes Selbstbewußtsein durchblicken, und so kam es, daß bei aller 
Verehrung, die man seinem Genie in allen Ländern willig zollte, doch 
immer weniger Menſchen eine Neigung empfanden, ihm persönlich nahe 
zu treten und mit ihm freundſchaftlich zu verkehren. Er selbſt war auch gar 
nicht bemüht, einen perſönlichen Umgang in größerem Umfang zu pflegen; 
obwohl er eine rege Korreſpondenz mit Verwandten und alten Freunden 
im Ausland bis an seinen Tod aufrecht erhielt, ſonderte er sich im übrigen 
mehr und mehr von den Menſchen ab und wurde, nachdem einige Perſonen, 
mit denen er von altersher verkehrt hatte, nach und nach zumeiſt geſtorben 
waren, ſchließlich zum Sonderling und Einsiedler und trug somit ſelbſt 
wesentlich dazu bei, wenn der Glaube, daß er ſchon 1869 gestorben sei, 
nicht wieder erlosch. 
Vielleicht wäre sein hohes Alter freundlicher und sonniger, an Liebe 
und Freundſchaft reicher geweſen, wenn ihm das Schicksal eine liebende 
Gattin und treuſorgende eheliche Kinder besſchert hätte. So aber war dieſes 
Glück ihm versagt: seine Blutsverwandten lebten sämtlich fern von ihm in 
Schweden, und er mußte einſam durchs Leben gehen. Wohl hat ihn zeit-. 
lebens der Gedanke nicht ganz verlassen, seine Tage dereinst in der geliebten 
Heimat zu beschließen, die er in den letten 63 Jahren seines Lebens nicht 
mehr wiederſah. 1856 schrieb er an ſschwediſche Freunde, er werde als 
Achtzigjähriger wieder nach Schweden zurückkehren, später tauſchte er, wie 
oben geschildert, mit seinem Bruder Nils, der ihm zuredete heimzukehren, 
Gedanken über dasſelbe Thema aus; aber stets hielten ihn seine Arbeiten in 
New York fest, und so groß seine Vaterlandsliebe war, noch gewichtiger war 
die Anziehungskraft, die seine Arbeiten auf ihn ausübten. Als er 80 Jahre 
alt war, erinnerte ihn sein dankbares Vaterland an die dereinſt gegebene 
Zusage. Er aber erwiderte: „Jch habe vor, mein Werk fortzuführen und am 
Zeichentiſch zu ſtehen, solange als ich kann." So hat er die Heimat nie, auch 
nicht vorübergehend, wiedergeſehen, und „in den Sielen“ ist er gestorben!
	        
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