108 Ferdinand von Lesseps.
hatte. Der Vater, der, vom ältesten Sohn Theodor begleitet, seit 1822 als
Generalkonſul in Aleppo weilte, wo er übrigens bei dem zerſtörenden Erd-
beben vom 13. August 1822 fast ein Opfer der großen Erdrevolution ge-
worden wäre, war sehr stolz auf die frühen Erfolge seines zweiten Sohnes,
den er in einem zärtlichen Brief an seine Gattin 1824 ausdrücklich als seinen
„geliebten Ferdinand, dies teure Kind meines Herzens" bezeichnete.
Der Aufenthalt in Liſſabon währte zwei Jahre. 1827 kehrte Ferdinand
mit dem Oheim nach Paris zurück und arbeitete hier abermals fast zwei
Jahre in der Handelsabteilung des Ministeriums. Als nun 1828 sein Bruder
Theodor, der gerade im Begriff war zu heiraten, zum französiſchen Vize-
konſul in Bogotá ernannt wurde, jedoch mit Rücksicht auf seine künftige Frau
gern in Paris bleiben wollte, trat Ferdinand ihm, mit Einwilligung seiner
Vorgesetzten, seine Stelle ab und ſchickte ſich an, für ihn als Vizekonſul nach
Südamerika zu gehen. Es wurde jedoch aus dieſer Absicht nichts, da der
bisherige Inhaber des Postens in Bogotä verblieb. Statt deſſen wurde
Ferdinand de Leſſeps nach Tunis geschickt, wo ſein Vater, nach sechsjähriger,
von keinem Urlaub unterbrochener Wirkſamkeit in Aleppo, seit 1828 als
Generalkonſul tätig war. So wurde Ferdinand wieder mit dem Vater ver-
eint, den er ſeit über sechs Jahren nicht mehr geſehen hatte, und wurde ihm
nun drei Jahre lang ein überaus wertvoller und geschickter Gehilfe in
ſeiner Arbeit.
Anfang 1832, nur wenige Monate vor dem Hinſcheiden ſeines Vaters
(28. Dezember 1832), dem sein Herzenswunſch, bald wieder mit der Gattin
vereint zu sein und dann dauernd mit ihr in Frankreich zu leben, nicht mehr
erfüllt werden sollte, wurde Ferdinand als Vizekonſul nach Alexandria
verſezt und gelangte somit auf den historiſchen Boden Ägyptens, wo er
ſein größtes Werk verrichten und unauslöſchliche Spuren seines Geiſtes
hinterlassen sollte. Gleich in den ersten Tagen seines Aufenthalts im alten
Pharaonenlande fügte es ein eigenartiger Zufall, daß seine Aufmerksamkeit
von der Frage in Anſpruch genommen wurde, die ihn nun Jahrzehnte lang
beſchäftigte, und der erſeinen Weltruf verdanken sollte: der Durchstechung
der Meerenge von Sues.
Auf dem Schiff nämlich, das ihn von Tunis nach Alexandria trug, war
einer der Passagiere, ein Engländer, während der Überfahrt ziemlich plötz-
lich geſtorben, und das Schiff, das von Frankreich (Marseille) kam, wo damals
die Cholera entsetzlich wütete, wurde deshalb bei der Ankunft in Ägypten
in Quarantäne gelegt. Unſer Leſſeps mußte einen Monat lang untätig
im Lazarett zu Alexandria weilen und langweilte ſich schrecklich. Der fran-