128 Ferdinand von Leſſeps.
Ehe mit der Gräfin de la Maiſonfort. Dieſem Schlag, der den Großvater
anfangs geradezu zuſammenbrechen ließ, folgten neue Aufregungen und
Unglücksfälle, eine gefährliche Typhusepidemie unter den Kanalarbeitern,
ein Streik von 300 syrischen Arbeitern und im Juni 1866 ein ungemein
schwerer Sturz Leſſeps' mit dem Pferde.
Noch besorgniserregender aber als dieſe Unglücksfälle und Störungen
waren lange Zeit die finanziellen Verhältnisse, die zu wiederholten Malen
die Vollendung des Kanalbaus aufs allerernsteste in Frage stellten und die
Suezkanal-Gesellſchaft an den Rand des Bankerotts brachten: waren doch
die Aktien, die einen Nennwert von 500 Francs hatten, zeitweilig auf einen
Kurs von 180 Francs zurückgegangen heut hingegen stehen ſie auf etwa
14000 Francs und sind im Börsenhandel überhaupt kaum erhältlich!
Aber Lesſeps’ geniale Energie wurde aller Hindernisse Herr, das Werk
des Kanals gedieh weiter, und sein Erbauer hatte auf der Pariſer Welt-
ausstellung von 1867, wo die Suezkanalgesellſchaft die ausgeführten Arbeiten
durch ein Modell veranſchaulichte, die Genugtuung zu sehen, welch aus-
nehmendes Intereſſe bei den Angehörigen aller Nationen für die Fort-
schritte des Unternehmens vorhanden war.
Gegen Ende 1868 waren die Arbeiten so weit gediehen, daß ein Ein-
treten des Mittelmeers in die Bitterſeen, auf die allein 38 km von den
insgesamt 160 km des Kanals entfallen, in greifbare Entfernung rückte,
womit die hauptſächlichſten Arbeiten am Kanal als beendet angeſehen werden
konnten, und am 18. März 1869 erfolgte wirklich der Durchstich: das Mittel-
meer und das Rote Meer waren, hoffentlich für alle Zeiten, vereinigt, die
Sehnsucht von Jahrtauſenden erfüllt! Am 100tet! Geburtstage des großen
Napoleon, der Frankreich zuerſt den Weg gen Ägypten gewiesen hatte, am
15. August 1869, nach einer Bauzeit von mehr als zehn Jahren, wurde das
gewaltige Werk vollendet, deſſen Herstellung 380 Millionen Francs er-
fordert hatte. Am 20. August konnte bereits die Schiffahrt in dem Kanal
aufgenommen werden. Jetzt hielt auch der Vizekönig Ismail Paſcha, der
bisher unter fremdem Druck das Unternehmen nahezu ignoriert und den
Isthmus niemals beſucht hatte, den Moment für gekommen, um ſeine
Sympathien für Leſſeps und sſeinen Kanal offen kundzutun und die ihm
zu Ehren benannte Stadt Ismailia zu beſuchen. Er half in überaus auf-
opferungsfreudiger Weise die bedeutenden finanziellen Schwierigkeiten be-
seitigen und beschloß die Eröffnungsfeier, die von Leſſeps auf den 16.
und 17. November anberaumt wurde, zu einem beiſpiellos glanzvollen
internationalen Fest zu gestalten. Und das wurde es denn auch!