132 Ferdinand von Leſsſseps.
nach! Während der Belagerung von Paris durch die Deutſchen wurde ihm
am 12. Oktober aus seiner zweiten Ehe der erſte Sohn geboren, den er nach
seinem Vater Mathieu nannte; während dieſer Belagerung aber hätte er
auch faſt ſeinen geliebten Sohn Victor verloren, der bei der großen Aus-
fallsſchlacht am Mont Valérien (19. Januar 1871), als 22jähriger Offizier,
durch eine Kugel ſchwer am Schenkel verwundet wurde. Bald nachdem
ſein Sohn außer Gefahr und der Waffenſtillſtand geſchloſſen war, eilte
Leſſeps nach Ägypten zurück, wo seine Anwesenheit längst dringend not-
wendig geworden war, und somit blieb es ihm erspart, die fürchterliche
Zeit der Kommune in Paris mit durchzumachen. In Ägypten gab es für
lange Jahre Arbeit genug. Leſſeps wollte den vorwiegend französischen
Charakter ſeines Werkes gewahrt wiſſen und kämpfte gegen die finanzielle
und politiſche Umklammerung des Suezkanals durch Englands begehrliche
Fangarme an; es war vergeblich: die Ereigniſſe der Jahre 1875 und 1882
brachten England, wie im übrigen Ägypten, so auch am Suezkanal, end-
gültig zur Oberherrſchaft, ja der Suezkanal ermöglichte sogar der engliſchen
Flotte, die in ihn eindrang, erſt den Sieg von Tel el Kebir über Arabi
Paſcha und die Ägypter (13. September 1882).
Uns sollen hier jedoch nicht die weiteren Geschicke des Lesſſepsſchen
Kanals beschäftigen, der zulezt noch einmal um die Jahrhundertwende
bedeutend verbreitert und vertieft wurde, sondern die ferneren Schickſale
ſeines Erbauers, deſſen Hauptarbeit freilich noch lange, bis zur endlichen
Kapitulation vor der engliſchen Übermacht, der Erhaltung und der steten
Verbesſſerung des Kanalunternehmens galt. Nach der Vollendung des
Suezkanals gab es kaum ein national-französſiſches oder internationales
großes übersſeeiſches Wirtſchafts- und Verkehrsunternehmen, für das man
nicht Ferdinand von Lesseps zu interesſieren versuchte. Seine Beteiligung
und Befürwortung machte ein neues techniſches Projekt erſt vollwertig.
1873 beschäftigte ihn ein rieſenhafter Plan, eine Eiſenbahn von Moskau
aus durch das damals noch faſt unbekannte Zentralaſien und über die
Rieſenmauer des Himalaja hinweg nach Kaſchmir und Bombay und noch
weiter nach Peking zu führen. Eine solche Bahn ist bekanntlich bis auf
den heutigen Tag nicht zuſtande gekommen; schuld daran waren freilich
nicht techniſche oder finanzielle Unüberwindlichkeiten, sondern ausſchließlich
politiſche Hindernisse, die in dem Gegensatz zwiſchen den ruſsiſchen und
den britiſch-indiſchen Intereſſen begründet ſind. Leſſeps beschäftigte ſich
mit der Möglichkeit eines solchen Bahnbaus nicht nur oberflächlich und
neben anderen Arbeiten, ſondern er ſandte ſeinen Sohn Viktor zum genauen