Full text: Das Buch berühmter Ingenieure

   
Ferdinand von Leſſeps. 137 
in Konkurs, nachdem am 9. Februar Lesseps die Leitung des Unternehmens 
niedergelegt hatte. Die Gerichte griffen ein, und es ſtellte ſich heraus, 
daß nur 231 Millionen Aktiva vollen 1172 Millionen Passiva gegenüber- 
ſtanden. Etwa 800000 Franzosen, meist kleine Sparer, die, im Vertrauen 
auf Leſſeps' glänzenden Namen, ihr Geld hergegeben hatten, verloren 
ihr Vermögen! Das war ein Unglück, ein großes Unglück, aber noch keine 
Kataſtrophe. Diese erfolgte erst, als im November 1892 politiſches Partei- 
gezänk sich der Angelegenheit bemächtigte, als die Anhänger des ver- 
ſtor benen Generals Boulanger aus Rache die republikanische Partei 
bezichtigten, ihre Führer seien von der Panamageſsellſchaft zur Erlangung 
von allerhand Vergünstigungen bestochen worden. Die Anschuldigungen 
erwieſen ſich als wahr. Hunderten von Parlamentariern und Staats- 
männern, ſelbſt fünf ehemaligen Ministern und unzählig vielen anderen 
einflußreichen Privatpersonen, Zeitungen, Banken uſw. wurde nach- 
geſagt und nachgewiesen, daß sie von der Gesellschaft bedeutende 
Summen empfangen hatten, ein Syſtem der Korruption wurde bloßgestellt, 
das beiſpiellos war, und der Name ,Panama“’, der die Bedeutung des 
Namens „Suez" noch überſtrahlen, der eine Ehre und ein Stolz für Frank- 
reich werden ſollte, ist seither zum Schlagwort geworden für jede Fäulnis 
und Korruption, von der ganze Gruppen von Interessenten befallen 
worden ſind. 
Gewiß trug rechtlich Leſſeps die Mitverantwortung und Mitschuld an 
diesen unerhörten Zuständen, die zwar ſicherlich ohne ſein Wissen, aber doch 
in einer von ihm geleiteten Gesellſchaft vorgekommen waren. Gewiß mußte 
die Gerechtigkeit, die ja walten soll ohne Ansehen der Person, auch ihn zur 
Verantwortung ziehen. Aber dennoch: war jener ſchmachvolle Prozeß, war 
jenes unſelige, traurige Urteil vom 9. Februar 1893 wirklich notwendig, 
das den großen Ferdinand von Leſſeps, den Erbauer des Suezkanals, den 
uneigennütigen Patrioten und Menſchenfreund, der sein Leben, sein Hab 
und Gut oft genug für Frankreichs Ehre und für der Menſchheit Glück aufs 
Spiel gesetzt hatte, das den alten, gramgebeugten, s7jährigen Mann zu – ~ 
ſünf Jahren Gefängnis verurteilte? Konnte diese Schmach dem menſch- 
lichen Geschlecht nicht erſpart werden? ... „Fiat justitia, pereat mundus!‘“ 
iſt ein ſchönes stolzes Wort, aber wenn dem Formalismus zu sehr nach- 
gegeben wird, mag es leicht mit satirischer Nebenbedeutung übersetzt werden: 
„Dem Schema der Rechtspflege muß genügt werden, und wenn die Welt 
darüber zugrunde gehen ſollte." Das zeigte sich hier. Es wäre ehrenvoller 
für alle Teile, ehrenvoller vor allem für Frankreich und für die Menſchheit 
    
     
     
    
      
    
   
   
   
     
     
  
  
  
  
   
	        
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