146 Alfred Nobel.
Da mit Hilfe der Erfindung des Zündhutes eine Verwendung des
Nitroglyzerins im großen in den Bereich der Möglichkeit rückte, begründete
nunmehr 1861 mit in Paris geliehenem Geld Emanuel Nobel mit ſeinen
beiden jüngsten Söhnen eine neue, eigene Nitroglyzerinfabrik in Heleneborg,
das noch zum Stadtkreis von Stockholm gehörte. Die Mittel zu dieſer Neu-
gründung hatten die Nobels mittelbar der Jnitiative Kaiser Napoleons III.
zu verdanken. 1861 war nämlich Alfred Nobel nach Paris gereist, um
dortige Finanzkreiſe für das Nitroglyzerin zu intereſſieren. Er fand bei
ihnen wenig Entgegenkommen, doch glückte es ihm, den Kaiser ſelbſt für
den Sprengstoff zu interessieren, und auf Napoleons Veranlassung ſchoß
ihm der Bankier Pereire die Summe von 100 000 Francs vor. Mit dieſem
Gelde riefen nun die Nobels die Nitroglyzerinfabrik in Heleneborg ins
Leben und widmeten ſich hier mit größtem Eifer und wahrer Todesver-
achtung der Herstellung und dem weiteren Studium des gefährlichen Stoffes.
Es gehörte ein außerordentlicher Mut dazu, fortwährend mit einer
ſolchen Flüſſigkeit zu experimentieren, deren Eigenſchaften verhältnismäßig
noch recht wenig bekannt waren, und tatſächlich blieb denn auch eine große
stataſtrophe nicht aus: am 3. September 1864 flog die Fabrik in die Luft.
Eine größere Anzahl von Perſonen kam dabei ums Leben, darunter neben
dem Chemiker Karl Erik Hertz man auch Alfred Nobels jüngerer Bruder
Oskar Emil im blühenden Alter von 21 Jahren. Das ſchreckliche Unglück
ging dem Vater Nobel so nahe, daß er im folgenden Jahre, 1865, einen
Schlaganfall erlitt, gelähmt wurde und auch bis zu seinem Tode gelähmt
blieb, der ihn im Jahre 1872, gerade am Jahrestage der Heleneborger
Katastrophe, am 3. September, zu Stockholm ereilte. Als Emanuel Nobel
ſtarb, hatte er jedoch die Genugtuung zu sehen, daß ſein großer Gedanke,
die Einführung des Nitroglyzerins in die Sprengtechnik, dank seines dritten
Sohnes Genie, verwirklicht worden war und reiche Früchte zu tragen
begann.
Nachdem die Fabrik in Heleneborg in die Luft geflogen war, schien das
Lebenswerk der Nobels zunächst zeitweiſe schwer bedroht. Die schwedische
Regierung verbot, den gefährlichen Stoff innerhalb bewohnter Städte her-
zuſtellen, und auch die Bemühungen, vor den Toren Stockholms eine Stelle
zu finden, wo man eine neue Fabrik errichten könne, scheiterten lange Zeit
ſo vollſtändig, daß die Nobels ſich entschließen mußten, ein neues Labo-
ratorium zunächst auf einem im Mälarsſee fern vom Ufer verankerten Prahm
einzurichten, und selbst dieser Prahm mußte wegen wiederholter Proteste
einer jeweiligen Nachbarſchaft mehrmals seinen Ort im See wechseln.