Full text: Das Buch berühmter Ingenieure

   
Henry Beſsemer. 189 
Wie mannigfach der von Beſsemer erzeugte Stahl geformt und ver- 
arbeitet werden konnte (vorausgesetzt, daß er phosphorfrei war), das zeigte 
ſich erst allmählich, als der Erfinder aus glatten Stahlplatten unter An- 
wendung rein mechaniſcher Mittel große, kelchförmige Dampfkesselbleche, 
prachtvolle Stahlſpiralen und manche ähnlichen Gebilde herstellte. Von 
besonders großer Bedeutung wurde die Verwendung des Besſemer-Stahls 
für. den Schiffbau. ; 
Auf Jahre hinaus nahm die ſtete Vervollkommnung des Bessemer- 
Prozeſſes und seine Nutzbarmachung sür immer weitere Gebiete des Er- 
finders Schaffenskraft in weitaus erster Linie in Anspruch. Dennoch be- 
tätigte ſich ſein erfinderiſches Genie auch immer aufs neue auf den ver- 
ſchiedenartigſten Gebieten. Es ſind ihm im Laufe seines Lebens rund 
120 Patente erteilt worden, davon gelegentlich (1856/57) 11 in einem 
Jahre. Sie können hier natürlich unmöglich alle genannt werden, ſondern 
wir müssen uns damit begnügen, nur die allerwichtigsten und originellsten 
unter seinen erfinderiſchen Gedanken hier aufzuzählen. 
Da sei beſonders einer Erfindung gedacht, die ſo recht beweiſt, wie 
die gleichgültigsten, ja, selbſt die unangenehmſten perſönlichen Erlebnisse 
in ihm den erfinderiſchen Genius anzuregen vermochten, und wie ſich unter 
ſeinen Händen alles in einen techniſchen Fortſchritt verwandelte, ähnlich 
der zauberiſchen Berührung des Königs Midas, unter deſſen Fingern alles 
zu Gold wurde. ~ Besſsemer hat, im Vergleich mit anderen großen In- 
genieuren und Gewerbetreibenden, verhältnismäßig ſelten sein engeres 
Vaterland verlaſſen. Bei den paar Reiſen zum europäiſchen Kontinent 
aber hatte er oftmals in selten heftiger Weiſe unter der Seekrankheit zu 
leiden. Besonders schlimm war ein Anfall, der ihn 1868 auf der Rückfahrt 
von Calais nach Dover betraf, denn auch nach der Landung in England 
hielt das üble Befinden noch an und verließ ihn ſelbſt auf der Eiſenbahn- 
sahrt nach London und noch zwölf Stunden nach der Ankunft daſelbſt nicht, 
ſo daß sein Arzt recht beſorgt wurde und die ganze Nacht nicht von seinem 
Bette wich. Durch dieſe peinliche Attacke der Krankheit wurde Beſsemer 
der Frage zugeführt, ob es denn nicht möglich sei, das Auf- und Nieder- 
ſchwanken der Schiffsräume, in denen ſich die Paſſagiere befinden, irgend- 
wie zu vermeiden. Seine Beschäftigung mit dem Gegenstand führte ihn 
endlich dazu, einen Schiffstyp zu konstruieren, in deſſen Mitte ein großer, 
kuppelartig geformter Aufbau, der „Beſſemer-Salon“’, derartig ſchwebend 
angebracht war, daß er stets in der Horizontallage verharrte und auch die 
ſtärkſten Bewegungen des Schiffes nicht oder doch nur ganz unmerklich 
      
    
   
     
    
  
  
  
  
  
  
     
  
     
    
  
  
     
  
  
  
	        
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