194 Henry Beſsemer.
Zustand eingeführt wurde, binnen 51/, Minuten vollständig geschmolzen
haben. Sicherlich hätten dieſe Arbeiten zu bedeutſamen Erfolgen führen
können, obwohl ihre Durchführung zunächst mit verhältnismäßig hohen
Unkosten verknüpft war. Als jedoch die elektrischen Öfen aufkamen, die
auf eine verhältnismäßig einfache und billige Weiſe ſehr hohe Wärmegrade
zu erzeugen gestatteten, viel höhere Wärmegrade, als ſie im Sonnenofen
hervorgebracht werden konnten, da gab Beſssemer die weitere Verfolgung
seiner Ideen, die nun nicht mehr konkurrenzfähig genug zu ſein ſchienen, auf.
Bessemer trat nur ſelten persönlich in der Öffentlichkeit auf. Die Zahl
ſeiner Mitteilungen an gelehrte Gesellſchaften ist klein, wenn er auch in
den Debatten über irgendwelche Vorträge anderer öfters das Wort ergriff.
Ebenfalls nicht häufig gab er seinen Anschauungen bei Gelegenheit irgend-
welcher öffentlich interessierenden Fragen in Zuſchriften an Zeitungen, ins-
besondere an die „Times", oder an Zeitſchriften Ausdruck.
Ein äußeres Kennzeichen von der ungeheuren Bedeutung Besſſemers
für die Weltinduſtrie, ein Kennzeichen, das ihm perſönlich besondere Freude
machte, war die Tatſache, daß in den Vereinigten Staaten verschiedene
neue Ortſchaften, die im Anschluß an irgendwelche neugegründete Stahl-
und Eiſenwerke entstanden, ihm zu Ehren den Namen Bessemer erhielten.
So gibt es mehrere Ortschaften dieses Namens in den Staaten Alabama,
Colorado, Michigan, im kanadiſchen Vancouver u. a.
Im Juni 1897 wurde der ſonſt ſo ſchöne, ſorgloſe und harmonische
Lebensabend des nun bereits vierundachtzigjährigen Greiſes durch den Ver-
luſt seiner treuen Gattin getrübt, mit der ihn eine mehr als sechzigjährige
glückliche Ehe verbunden hatte, und mit der er kurz zuvor die diamantene
Hochzeit hatte feiern dürfen. Das war für ihn ein ſchwerer Schlag, von dem
er ſich nicht wieder erholte. Die Niederschrift seiner Autobiographie, die
der noch immer arbeitsfrohe und rüſtige Greis in den Jahren 1896 und
1897 begonnen hatte, wurde dadurch jäh unterbrochen, ſo daß wir diese
seine eigene Lebensbeſchreibung nur bis zum Jahre 1875, bis zur Schil-
derung der Unglücksfahrt des mit dem Bessemer-Salon ausgerüſteten
Kanaldampfers „Beſſemer“ beſißzen. Immerhin iſt gerade der weitaus wich-
tigſte Teil seines Lebens und Wirkens von seiner eigenen Hand geschildert
worden. Seine Selbstbiographie ist ſtreng objektiv und sachlich, ja, man
kann sagen: nüchtern; ſie behandelt fast ausſchließlich seine wissenschaft-
lichen Arbeiten und die Entstehung seiner Erfindungen und vermeidet das
perſönliche Moment, die Schilderung seines eigenen Innenlebens, in einer
faſt gar zu gewissenhaften, dem Biographen wenig angenehmen Weise.