232 Nikolaus Riggenbach.
Mechaniker werden willst, gut, ſo werde es, aber ich zahle dir keinen Batzen
Lehrgeld dazu!“, so ſah Nikolaus keine Möglichkeit, dem Rufe seiner inneren
Stimme zu folgen, und blieb noch manchen weiteren Monat widerwillig
im Kontor des Herrn Emanuel Hoffmann.
Da lernte er in einem christlichen Jünglingsverein, dem er ſich nach
ſeiner Einſegnung anſchloß, einen Mechaniker Epple kennen, der Geselle
beim Bandstuhlſchreiner Börlin war. Jhm vertraute er ſich eines Tages
an, und Meister Börlin, dem sein Geselle Mitteilung von dem Gehörten
machte, erklärte ſich bereit, Nikolaus Riggenbach umsonst in die Lehre zu
nehmen, wenn er ihm täglich die Werkstatt reinigen und aufräumen wolle.
Riggenbach zögerte nicht, dies Anerbieten mit Freuden anzunehmen, um
nur endlich einmal die Schreiberei loszuwerden, die ihm in der Seele
zuwider war. Drei ganze Jahre, von 1833 bis 1836, feilte, ſchmiedete und
drehte er nun in Meister Börlins Werkstatt, die er nach beendeter Arbeit
aufräumen mußte. Er sah bald diesem bald jenem Gesellen etwas ab, aber
obwohl er fleißig arbeitete und mancherlei lernte, konnte er ſich doch nach
drei Jahren noch keineswegs sagen, daß er nun etwas Ordentliches verstehe.
Er war nun neunzehn Jahre alt ~ da überkam ihn die Luſt, in die Fremde zu
gehen und zu sehen, ob er nicht irgendwo draußen das Glück finden könne.
Die Mutter, die es anfangs schmerzlich empfunden hatte, daß ihr Sohn
dem alten Kaufmannsberuf der Familie seines Vaters untreu werden wollte,
war längſt mit der Wendung der Dinge ausgeſöhnt und konnte ihrem Sohn
ſogar ein paar Goldstücke mit auf den Weg geben, als er, den Ranzen auf
dem Rücken, aus Baſel hinausmarsſchierte, um in Lyon sein Heil zu ver-
ſuchen. Den weiten Weg dorthin mußte er zu Fuß zurücklegen, und nur
ab und zu ließ ihn ein gutmütiger Kutscher eine Strecke mitfahren.
In Lyon gelang es ihm alsbald, in der Präziſionswerkstätte eines
Monsieur Gasquel eine Stelle zu erhalten, und er lernte hier mancherlei
tüchtige Dinge, besonders in der Dreherei. Zumeist wurden in der Werk-
ſtatt Walzen für die Seideninduſtrie hergestellt. Bei trefflicher Anleitung
gelang es Riggenbach, sich seines Prinzipals besonderes Wohlwollen in
wenigen Monaten zu erwerben, das er mit großer Anhänglichkeit erwiderte.
Als er fast fünfzig Jahre später, selber schon in den sechziger Jahren
ſtehend, wieder einmal nach Lyon kam, war es eine große Freude für
ihn, seinen ehemaligen Meister wiederzuſehen und ihn, troß seines hohen
Alters, noch immer am ſelben Schraubstock, wie ehedem, arbeiten zu ſehen.
Der Lyoner Aufenthalt war für Riggenbach durchaus angenehm, so-
wohl in bezug auf seine Ausbildung als Mechaniker wie hinſichtlich seines