14 William Siemens.
im Herbſt 1845 durch Arbeiten für die damals in größtem Aufschwung be-
findlichen engliſchen Eiſenbahnbauten (vgl. die Biographie Beſſsemers)
einiges Geld verdient, ſo daß er sogar zur Erledigung einiger Privat-
angelegenheiten auf kurze Zeit nach Deutschland zurückkehren konnte, aber
am Ende desselben Jahres mußte er ſich zu dem ſchweren, bitteren Entschluß
durchkämpfen, die aussichtsloſe Weiterverfolgung der mit so großen Hoff-
nungen begonnenen Verhandlungen, betreffs Verwertung der Erfindungen
vollständig fallen zu laſſen, und noch am 19. Juni 1846 mußte er das
trübe Bekenntnis ſchreiben: „So habe ich zwei und ein halbes Jahr in
vollständiger Eingezogenheit und peinlichſter Erwartung verlebt und meine
beſte Lebenskraft gänzlich diesen beiden Erfindungen gewidmet. . ., welche
ich von ganzem Herzen niemals kennen gelernt zu haben wünſchte." +
Kurz zuvor war ihm von der peruaniſchen Regierung eine Ingenieurstelle
angeboten worden, aber um ſich seinen Londoner Verpflichtungen nicht
zu entziehen und erſt ſeine Schulden abzahlen zu können, hatte er das
Angebot abgelehnt, zumal da auch die Verhältniſse in Peru damals noch
wenig ſicher waren.
Erſt das Jahr 1847 brachte den beiden Brüdern ein wenigstens vor-
läufiges Ende ihrer Zeit der Prüfung oder doch jedenfalls der ſchwersten Zeit
ihres Lebens. Werner, der ſchon 1845 wegen seiner Beteiligung am „Ronge-
Kultus"*) von oben herab eine „Nase“ erhalten hatte, dachte energiſch daran,
ſeinen Abſchied vom Militär zu erbitten (er erhielt ihn 1849), und eröffnete
am 12. Oktober des genannten Jahres, zuſammen mit dem Mechaniker
Halske, in der Schönebergerstraße zu Berlin eine kleine Werkstätte, aus der
ſich das heutige, in der ganzen Welt bekannte Haus „Siemens & Halske“
entwickelt hat, und Wilhelm gab endgültig die fruchtloſen Bemühungen
um Einführung der mehrfach genannten Erfindungen auf und ſiedelte nach
Manchester über, wo er seine Arbeitskraft in den Dienst verschiedener
induſtrieller Unternehmungen ſstellte, vor allem der Druckerei von Hoyle &
Sons in Mayfield. Faſt alljährlich erdachte sein techniſches Genie irgend-
*) Johannes Ronge (1813-1887), ein katholischer Kaplan in Grottkau, veröffent-
lichte am 15. Oktober 1844 einen ſcharfen Artikel gegen die Ausstellung des heiligen
Rocks in Trier und entfachte damit eine ähnlich stürmiſche Bewegung in Deutschland,
iwie dereinſt Luther mit dem Anschlag seiner 95 Theſen. Er wurde exkommuniziert
und nunmehr der Begründer des ,Deutſch-katholiſchen" Bekenntniſſes. Da er jedoch
nicht die eiſerne Tatkraft und Konsequenz Luthers beſaß, blieb der durch ihn entfachte
Sturm der Geister nicht von nachhaltiger Bedeutung; zeitweilig aber stand Ronge
nahezu im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, und allenthalben fanden ſich Leute,
die leidenſchaftlich für oder gegen ihn Partei ergriffen.
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