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Otto Inye. 263
Witterungsverhältnisse bedingt es, daß gerade diese Landesteile am häufigsten
von sommerlichen Hochwaſſern betroffen werden. Unter den von den
barometriſchen Tiefdruckgebieten (Depressionen) der Wetterkarte besonders
gern benutzten „Zugſtraßen“ hat eine für die Witterungsgestaltung Europas
eine ganz hervorragende Bedeutung, die ſich etwa von Oberitalien oder
. dem Adriatiſchen Meer nach dem Finniſchen Meerbuſen hin erstreckt, die
sogenannte „Zugstraße V b“ der van Bebberſchen Bezeichnung. Die De-
preſſionen dieser Zugstraße rufen in ganz Mitteleuropa nordwestliche bis
nordöstliche Winde und ungemein reichliche Niederſchläge, im Sommer
Landregen, im Winter Schneeverwehungen hervor, daneben zuweilen
Stürme und schwere Sturmfluten der Ostsee. Keine andre Wetterlage
ſucht Deutschland so oft mit Unwettern verſchiedener Art heim, wie die auf
der Zugstraße V b fortschreitenden Tiefdruckgebilde. Zu diesen durch die
genannte Zugsſtraße bedingten Unwettern gehören nun aber auch fast alle
ſommerlichen Überſchwemmungskatastrophen, von denen die ſchleſiſchen
Gebirge heimgeſucht werden: die mit schweren Regenwolken belaſteten
nordwestlichen und nördlichen Winde prallen auf die ihnen vorgelagerten
Gebirgsmauern auf und geben nun beim Überschreiten des Gebirges ihren
ganzen überreichen Vorrat an Feuchtigkeit mit großer Geschwindigkeit ab;
die Folge ſind die berüchtigten Wolkenbrüche, die oft binnen wenig Stunden
die winzigsſten Bächlein in reißende Flüſſe verwandeln und die Gebirgs-
flüſſe ſelbſt zu furchtbar bedrohlicher Höhe anschwellen lassen. Unter den
zahlreichen Überſchwemmungskataſtrophen, die das 19. Jahrhundert den
Tälern des Rieſen- oder Jſergebirges gebracht hat, waren die vier größten
diejenigen vom 15. Juni 1804, 2. August 1858, 3. August 1888 und 28. bis
30. Juli 1897. Die lettgenannte, die im Bereich Rübezahls geradezu koloſſale
Verwüstungen angerichtet, war die weitaus größte der letzten hundert
Jahre. Sie hat einen mächtigen Anstoß gegeben, daß auch in Schlesien
die Anlage von Talsperren in Angriff genommen wurde, denn man ſagte
ſich mit allem Recht, daß jene gewaltige Hochwaſserkataſtrophe zu einem
großen, wenn nicht zum größten Teil hätte vermieden und unſchädlich
gemacht werden können, wenn man ſchon Talſperren in Schleſien besſeſſen
hätte, wie ſie im Rheinland und in Westfalen, dank Intzes Tatkraft, bereits
vorhanden waren.
Eine unmittelbare Folge der ſchleſiſchen Juli-Kataſtrophe war das
preußiſche Hochwaſſerſchußgeſez von 1900, auf Grund deſſen die Provinz
Schlesien den Bau von Talſperren in Angriff nahm. Es war natür-
lich eine Selbstverständlichkeit, daß bei den Entwürfen zu den auszu-