Otto Jnye. 267
Besser als ſolche Zahlen gibt von der gewaltigen Größe dieser neuesten
Talſperrenbauten und Talsperrenpläne die Tatſache einen Begriff, daß die
Anlage so großer künstlicher Seen ganze Ortschaften verſchwinden lassen
wird, die mit allem ihrem Landbeſit angekauft und dann der Hersſtörung
preisgegeben werden. So wird der Bau der Sperre im Möhnetal, deren
Stauſee ſich auch noch tief ins Hevetal hinein erstreckt, das Dorf Delecke
vom Erdboden verſchwinden laſſen und macht überdies eine zum Teil
völlige Verlagerung der das Sperrgebiet kreuzenden Kunſstſtraßen er-
forderlich. Die noch größere Edertalſperre wird ſogar vier Anſiedelungen
den ganzen oder teilweiſen Untergang bringen, nämlich den waldeckiſchen
Dörfern Berich und Beringhauſen und dem preußiſchen Dorf Asel, die ganz
verlegt werden müſſen, während von einem weiteren Dorf, Nieder-Werbe,
der dritte Teil zugrunde geht.
Diese wenigen Tatſachen- und Zahlenangaben werden genügen, um
zu zeigen, von wie tiefgreifender Bedeutung Intzes Wirken in nur 2 Jahr-
zehnten für das deutsche Volk und den deutschen Nationalwohlstand geworden
iſt. Dieſer Einfluß wird in der Folgezeit ſicherlich nicht geringer, ſondern
noch größer werden.
Neben den preußiſchen Provinzen Rheinland, Westfalen und Schlesien
hatte speziell der deutſche Osten in bezug auf seine Wasſserverhältnisse
Intzes Aufmerksamkeit zeitweilig in hohem Grade erregt. Ihm galten
zwei in den Jahren 1893 und 1894 veröffentlichte Werke Intzes: „Bericht
über die Waſſerverhältniſſe Oſtpreußens" und „Die Waſgsſerverhältnisse
Ostpreußens". Hier hatte die Waſserwirtſchaft naturgemäß wieder ganz
andre Ziele zu verfolgen, als in den drei andren genannten preußiſchen
Provinzen, denen Intzes Arbeit galt. Es ſind hier bekanntlich keine nennens-
werten Gebirge vorhanden, die eine Schaffung von künſtlichen Staubecken
wünſchenswert machen; dafür gibt es einen außerordentlich großen natür-
lichen Seenreichtum, und da auch die Niveaudifferenzen vielfach nicht ganz
Inhalt schafft, die große Sperre von Ashokan mit 450 Millionen Kubikmeter Waſserinhalt
und außerdem eine noch ungleich gewaltigere Sperre, die am Salt River in Arizona öſtlich
der Stadt Phoenix im Entstehen begriffen iſt, und die nach ihrer Vollendung 1482 Millionen
Kubikmeter Wasser faſſen wird. So märchenhaft dieſe Zahl erſcheint, so iſt ſie dennoch,
vor Jnangriffnahme dieſer Sperre, bereits übertroffen worden: nämlich durch die welt-
berühmte, koloſſale Nilſperre, die die Engländer 1899-1905 mit einem Kostenaufwand
von 643/4 Millionen Mark bei Aſsuan in Ägypten erbaut haben, und die nach ihrer ersten
Vollendung 1065 Millionen Kubikmeter faßte, während ſie nach der zweiten Vollendung,
d. h. nach Erhöhung der vorher 24 m hohen und 1962 m langen Staumauer um 6 m,
ſaſt 3 Milliarden Kubikmeter Waſſer enthalten wird.