288 Max von Enyth.
Beſuch, wiedergeſehen hatte. Noch lebte seine hochbetagte Mutter, in deren
Nähe er nun, der selber unvermählt geblieben war, seinen Ruhestand nach
einem Leben voll redlicher Arbeit genießen wollte.
Zehn Jahre war ihm noch zu leben vergönnt, zehn schöne, freundliche
Jahre, in denen er ganz nach Behagen und Belieben seinen literariſchen
und ſchriftſtelleriſchen Neigungen leben und sich wohlverdienter Ehrungen
freuen konnte. Seine dichteriſchen Arbeiten gehören ja ganz gewiß nicht
zu den größten poetiſchen Erzeugnissen, aber sie ſind geſchmackvoll und von
einem sonnigen Humor durchweht, der Eyth ebenbürtig in die Reihe der
erſten deutſchen Humoriſten unserer Zeit einreiht. Ein äußeres Kennzeichen
dafür iſt die Tatſache, daß Eyths köstlicher „Blinder Passagier“ (aus dem
Buch: „Hinter Pflug und Schraubstock“) von der ,Deutſchen Dichter-
Gedächtnis-Stiftung"“ in Hamburg, die dem Volk die besten Literaturerzeug-
niſſe in billigen Ausgaben zugänglich machen will, noch bei Lebzeiten des
Verfassers gewürdigt wurde, den Reigen der besten deutschen humoristischen
Erzählungen zu eröffnen.
Und doch iſt Eyth nicht etwa nur Humorist, sondern auch ſonſt ein
ſpannender Erzähler, der gelegentlich selbſt düstere und tragiſche Erlebnisse
mit anschaulicher Lebendigkeit und dramatischer Wucht schildert. Man lese
nur etwa das Kapitel „Die Sturmnacht“ in der Erzählung „Berufstragik“
in „Hinter Pflug und Schraubstock“, worin der berühmte Einsturz der
Eisenbahnbrücke über den Firth of Tay am 28. Dezember 1879 und die
dadurch hervorgerufene furchtbarſte je dageweſene Eiſenbahnkataſtrophe,
die 200 Menſchen das Leben kostete (vgl. S. 215 f.), mit packender Leben-
digkeit auf Grund persönlicher Erlebnisse geschildert werden!
Außer dem ſchon mehrfach genannten, zweibändigen, bekanntesten
Werk Eyths „Hinter Pflug und Schraubstock. Skizzen aus dem Taſchenbuch
eines Ingenieurs", deſſen wenig anziehender, unglücklich gewählter Titel
leider der Verbreitung hinderlich war, entstand in den letzten Ulmer
Jahren das dreibändige Werk: „Jm Strom unserer Zeit“ (früher
„Wanderbuch eines Ingenieurs"), nachdem eine Reihe von anderen Schriften
vorausgegangen waren, von denen hier die „Feierſtunden“ genannt seien.
Ferner verdienen beſondere Erwähnung zunächst die von Eyth wiederholt
in Fachvereinen gehaltenen Vorträge über irgendwelche Themen von all-
gemeinerem Intereſſe. Sieben derartige Vorträge, die er in den Jahren
1893—1904 im Verein deutſcher Ingenieure in Frankfurt a. M., auf einem
landwirtſchaftlichen Lehrkurſus der Göttinger Univerſität, im Münchener
Polytechniſchen Verein, im Ulmer Verein für Mathematik und Natur-