William Siemens. 45
Am 5. November, als er aus einer Versammlung eines Ausſchuſſes
der Royal Institution zurückkehrte, stolperte er auf dem Hamilton-Platz
über den Rinnstein und fiel heftig zu Boden. Anscheinend war ihm jedoch
nichts weiter zugesſtoßen; er lachte über ſein Mißgeschick und begab ſich
nach Hauſe. Der Fall wurde dennoch verhängnisvoll für ihn, da, wie ſich
ſpäter herausstellte, ein kleines Blutgefäß in der Herzgegend geplatzt war.
Am 10. November wurde er unpäßlich, ſpürte Schmerzen am Herzen
und Kälte in den unteren Gliedmaßen, doch ging es ihm bald wieder
beſſer, und seine Gedanken beschäftigten ſich mit emmem Festmahl, das die
Arbeiter seines Landore-Stahlhüttenwerkes ihm zu Ehren urſprünglich am
17. November veranstalten wollten, und das dann, seiner Erkrankung wegen,
auf den 1. Dezember verſchoben wurde. Am 14. November zog er ſich
eine Erkältung zu, die die Lungen angriff, zunächst jedoch gleichfalls
unbedenklich schien. Noch am Nachmittag des 19. November gaben zwei
Ärzte, die ihn unterſuchten, gute Hoffnung auf baldige Wiederhersſtellung.
Dann aber hauchte er abends um 9 Uhr friedlich und unerwartet, auf
seinem Lehnstuhl sitzend, plötlich ſeinen Geiſt aus. + Die Untersuchung
ergab später, daß er ſchon seit langer Zeit an einer gefährlichen Herzkrank-
heit gelitten hatte, und daß er auch ohne den unglücklichen Fall vom 5. No-
vember und das dadurch bedingte Zerreißen eines Blutgefäßes nicht mehr
lange hätte leben können.
Der unerwartet ſchnelle Todesfall erregte in Deutschland und in noch
stärkerem Grade in England außerordentliche Teilnahme; der deutſche Kaiser,
der damalige Prinz Wilhelm (der heutige Kaiſer Wilhelm II.), der öster-
reichiſche Kronprinz befanden ſich unter denen, die der Witwe oder dem
Bruder Werner ihr Beileid ausſprachen. Die „Society ok Arts“) und die
„Institution of Civil Engineers“ stellten gemeinſam den Antrag, dem Ver-
storbenen die höchſte Ehre zu gewähren, die einem Engländer nach seinem
Tode erwieſen werden kann: die Beiſegung in der Westminſter-Abtei.
Hiervon mußte abgeſehen werden, da seit kurzem der für solche Beiſetungen
zur Verfügung stehende Raum so knapp geworden war, daß nur in ganz
besonderen Ausnahmefällen die Ehre gewährt werden konnte. Dagegen
wurde vom Dechanten der Abtei die Abhaltung der Beiſ etungsfeierlichtkeit
in der Abtei genehmigt und außerdem zum Gedächtnis des hochverdienten
Mannes ein Fenster in der Abtei angebracht, das am 26. November 1885
feierlich enthüllt wurde und umstehend in der Abbildung wiedergegeben
worden ist. Auch das war eine ganz außergewöhnlich große Ehrung. Am
26. November 1883 fand die Beiſegung unter einer außerordentlichen Be-