Full text: Die Kunst der Römer (1,2)

Ihre kontrapostische Bewegung, ihr 
Kopf mit den langen, wirren Haaren 
und die Motive des Gewandes gehören 
dem Formenschatz der hellenistischen 
Kunst. Auch die Figur des Verstorbe- 
nen besitzt mehr organisch durchgebil- 
dete Kórperlichkeit, als sie der etrus- 
kischen Eigenart entspricht, und ist 
griechischer Anregung zu verdanken. 
Und doch hat die gesamte Komposi- 
tion nichts Griechisches. Die kiinst- 
lerische Einheit ist mehr gedacht als 
formal begriindet. Diese gedankliche 
Einheit umschließt die Vorstellung 
vom Tor der Unterwelt und zugleich 
von dem in der Unterwelt lebenden 
und ruhenden Toten in einer so weit- 
gespannten Weise, daß die plastische 
Verwirklichung nur locker sein kann 
und daher, sehr kühn und frei im 
Raume steht. Das ist der etruskische 
Anteil. Der ganze Aufbau wird schlief3: 
lich bekrónt von dem Bildniskopf 
des Verstorbenen, dessen persönlicher 
Ausdruck trotz der griechischen Haar- 
tracht einen römischen Einschlag be- 
kundet. So vereinigt denn das gesamte 
Werk, dessen Entstehung schon in das 
erste Jahrhundert v. Chr. gehört, in 
sich alle drei Bestandteile der ita- 
lischen Kunst. 
Der Weg von der etruskischen zur 
römischen Kunst, welcher durch die 
fünf Sarkophage nur in seiner allge- 
meinen Richtung angedeutet ist, soll 
noch einmal bezeichnet werden durch 
einige Bildnisköpfe, welche an den 
Höhe- und Wendepunkten des Weges 
  
stehen. 
Der Bronzekopf eines etwa vier- 
24. Kriegerfigur aus Capestrano. zehnjährigen Knaben aus dem vierten 
Rom, Thermen-Museum Jahrhundert (Abb. 20) ist ein echtes 
  
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