Full text: Die Kunst der Römer (1,2)

  
  
  
LL ELT pU EA 
  
  
  
  
  
episch berichtet. Dabei ist der Fries ungleichmäßig mit Figuren gefüllt, je nachdem 
es der Vorgang des Geschehens erforderte, so daß also nicht die bildliche Kompo- 
sition, sondern der Gegenstand als solcher die künstlerische Absicht beherrscht. 
Der Gegenstand aber ist ein einmaliges geschichtliches Ereignis. 
Jonische Reliefs, die im Auftrag nichtgriechischer Fürsten geschaffen sind, 
geben schon im fünften Jahrhundert Darstellungen geschichtlicher Ereignisse im 
Bild. Aber da wir keine schriftliche Überlieferung dazu besitzen, bleibt uns Ort und 
Zeit des dargestellten Vorgangs unbekannt. Die jonischen Künstler übernahmen 
schon mit dem Auftrag eine gewisse Annäherung an die Gegenstände und Dar- 
stellungsweisen der orientalischen Kunst, welche das Geschehen gleichsam in Bilder- 
schrift aufzeichnet und welche den Geschehensablauf annalistisch festhält, während 
griechische Kunst und Geschichtsschreibung den Geschehensablauf dramatisch 
gliedert und in mythischen Bildern von Göttergestalten und einzelnen menschlichen 
Charakteren zusammenfaßt. 
Das delphische Relief mit der Darstellung der Schlacht von Pydna ist nun weit 
entfernt von der annalistischen orientalischen Art, obwohl auch hier gleichsam eine 
Chronik gegeben ist, in welcher nicht einzelne Helden, sondern die kämpfenden 
Völker selbst, erkennbar an Bewaffnung und Tracht, im Bilde erscheinen. Formale 
Gedanken der orientalischen Kunst wie Reihung, Frontalität und der Versuch einer 
topographisch genauen Ortsbestimmung fehlen. Andrerseits ist jedoch das delphische 
Relief auch nicht rein griechisch, obwohl sich die einzelne Figur selbständig und frei 
bewegt und obwohl dramatische Höhepunkte wie das durchgehende Pferd und die 
Tat des Salius einen dramatischen Einschnitt in die fortlaufende Bilderzählung 
machen. Es ist hier etwas Neues, das nicht orientalisch und das nicht griechisch ist 
und das auch nicht als eine bisher unbekannte späte Entwicklungsstufe griechischer 
Reliefkunst erklärt werden kann. Neu ist die Gegenständlichkeit in der Wiedergabe 
des einmaligen Geschehens. Sie ist veranlaßt durch den Auftrag des römischen 
Feldherrn, der eine getreue Darstellung seiner siegreichen Schlacht wünschte. Neu 
ist aber auch die Räumlichkeit und plastische Freiheit der Relieffiguren, ist der Stil 
des Reliefs, das hier eine Vielschichtigkeit und Tiefe erreicht hat, die nur noch von 
der Malerei fortgesetzt und übertroffen werden kann. Ein Vergleich mit Relief- 
bruchstücken aus Lecce in Apulien und aus Pompeji in Kampanien beweist, daß hier 
großgriechische Künstler am Werk waren. Es ist hellenistische Kunst Unteritaliens, 
die hier an ehrwürdigster Stätte des griechischen Heimatlandes in den Dienst 
Roms tritt. 
Aemilius Paullus, der in Delphi ein Bild seiner siegreichen Schlacht aufrichtete, 
ließ in Rom von demselben Metrodoros, der seine Kinder erzog, Bilder von seinem 
Triumph malen. Er folgt darin einem römischen Brauch, der schon für das Jahr 264 
belegt ist, da Valerius Messala ein Bild von seinem Sieg über die Karthager aus- 
führen und neben der Curia Hostilia aufstellen ließ. Auch Scipio Asiaticus hatte im 
Jahre 189 ein Gemälde seines asiatischen Sieges in dem Kapitolinischen Tempel 
geweiht. Es hat freilich den Anschein, als ob mit diesem Brauch eine griechische 
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