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anders gebührte solche Haltung und Gebárde als dem wendigen, fáhigen Herrn des
Ostens! Und doch ist es nur noch Theaterdonner, Schauspielerpose, ist es ein:
studierte Maske, was uns hier begegnet. Der Ton ist zu hoch genommen, der Stil
zu groß. Die Persönlichkeit trägt ihn nicht, die Physiognomie gibt ihn nicht her.
Eine Generation oder ein halbes Jahrhundert vorher konnte die Kunst diesen
tragischen Zwiespalt noch mit ihren formalen Mitteln ausgleichen. Der Feldherr aus
Tivoli erscheint trotz seiner inneren Brüchigkeit dank des bewegten Formenvor:
trages noch als einheitliche Persónlichkeit. Das Bildnis des Pompejus aber enthält
den Widerspruch zwischen menschlicher Substanz und gespielter Rolle durch die
trockene, genaue Art der Wiedergabe. Noch viel stärker als beim Togatus des Grab:
reliefs (Abb. 46) täuscht zunächst die Weichheit der Gesichtszüge über den tatsäch-
lich erreichten Grad maskenhafter Erstarrung hinweg. Pompejus wollte als helle-
nistischer Herrscher, als Nachfolger Alexanders erscheinen. Aber er war ein Rômer
und besaß nicht das göttliche Feuer seines Vorbildes. Er lebte einer Illusion und
mußte daran scheitern. Der Künstler, der sein Bildnis schuf, hat diesen tragischen
Konflikt aufgezeigt. Er hat das, was als göttlicher Rausch und himmlisches Feuer
gemeint war, nüchtern und kalt als Anmaßung eines Menschen wiedergegeben. Er
verfügte über die künstlerischen Mittel, das so darzustellen; damit enthüllte er das
Wesen und prägte das Bild des großen Pompejus.
Es gibt nur eine kleine Gruppe von Bildnissen des ersten Jahrhunderts, bei denen
die hellenisierende Formensprache überzeugend wirkt, weil auch die geistige Haltung
des Dargestellten echt ist. Es sind dies Köpfe von Römern, welche von griechischer
Bildung durchdrungen und durchgeistigt sind. Etwa so wie der Terrakotta-Kopf in
München (Abb. 48) muß Cicero ausgesehen haben, von dem wir ja kein zeitgenôssi-
sches Bildnis besitzen, sondern nur spätere verschwommene Erinnerungsbilder der
Havischen Kunst. Die breite gefurchte Stirn, modelliert von der Arbeit des Ge
dankens, überschattet die schon müden, suchenden Augen. Eine schmale edle
Nase teilt die hageren Wangen, die sich mit tiefen Falten der Skepsis absetzen von
dem kraftlosen Mund und dem weichen runden Kinn. Ein ehrwürdiges und rühren
des Bild eines Menschen, der aus den Wirren der Zeit nach Wahrheit und Erkennt:
nis strebt, — wie Cicero es war. Der letzte Rest eines falschen Pathos ist wegge-
wischt in Form und Haltung. Das Gesicht ist wirklichkeitsgetreu wie eine Toten:
maske, die man nur wenig überarbeitet hat. Die Form ist knapper und schlichter ge
worden, hat sich mehr auf das Notwendige beschränkt. Mit diesem Werk haben wir
die Jahrhundertmitte erreicht.
Erstaunlich und tief eröffnend ist nun die Beobachtung, daß das Porträt des
Gaius Julius Caesar (Abb.49), das erst im Jahrzehnt nach seinem Tode (40—30)
geschaffen wurde, keine Huldigung und Verklürung dieses großen Menschen ver
sucht. Es zeigt ihn nicht anders wie die Münzen aus seiner Lebenszeit, in der Hin
falligkeit des Menschlichen, zeigt ihn, den unerreichbar Grofen und alle Überragen-
den, in der Not sich zu behaupten, in der Sorge um sein Werk, in der Qual seiner
Macht, zeigt ihn in der Anstrengung des Krieges und des politischen Kampfes. Man
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