51. Bildnis eines Unbekannten. München
im Museo Chiaramonti des Vatikan (Abb. 53) repräsentiert die einheimische Tra-
dition als Mensch und als Kunstwerk. Frommigkeit und Ptlichtbewuf3tsein, Welt:
verachtung und stoische Haltung, Nüchternheit und Beständigkeit zeichnen das
Gesicht. Verknappung der Formen, lederartige Trockenheit der Oberfläche, lineare
Strenge der Gliederung, Härte und Bestimmtheit des plastischen Aufbaus sind seine
stilistischen Merkmale. Der Naturalismus ist mit so unerbittlicher Nüchternheit
durchgeführt, daß jede ausdrucksvolle Linie des faltigen Greisengesichtes, daß jeder
hervortretende Knochen in dem eingefallenen Antlitz formalen Eigenwert bekommt.
Nicht das Atmende organischen Lebens, sondern das Stereometrische und Lineare
bringen diesen großartigen Porträtkopf zu seiner unvergeßlichen Wirkung.
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