Full text: Die Kunst der Römer (1,2)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
Fassadengliederung später beibehalten. Während das Theater in Pompeji griechi- 
schem Brauche folgend noch mit seinem Zuschauerraum, der Cavea, an den Berghang 
gelehnt ist, steht das Theater des Pompejus in Rom in freiem, ebenem Gelände auf 
dem Marsfeld. Nur die römische Bogen- und Gewôlbekonstruktion erlaubte diese 
kühne Neuerung. Rom kam zwar später mit seinen Bauten, brachte dafür aber neuere 
und selbständigere Lösungen hervor. 
Das gilt auch für das Amphitheater (Abb. 57—58), das in Pompeji schon um 
80 v. Chr. angelegt wurde, während in Rom erst unter Augustus im Jahre 29 v.Chr. von 
Statilius Taurus das erste steinerne Amphitheater erbaut wurde. Das pompejanische 
ist zur Hälfte in den Boden eingegraben, erleichtert sich also in griechischer Weise den 
Bau der Cavea durch Ausnützung naturgegebener Möglichkeiten. Die Wirkung des 
Baues ist daher innen bedeutend, außen dagegen erscheint er trotz der großen Bogen: 
stellungen und Freitreppen und trotz der zierlichen Loggia-Aufbauten über dem 
sockelartigen Hauptgeschofà niedrig und bescheiden. Das erste stadtrömische 
Amphitheater ist zwar vollkommen zerstört und damit der Baugeschichte verloren. 
Es kann jedoch, zeitlich zwischen dem Pompejus- und dem Marcellus-Theater vom 
Jahre 11 v. Chr. (Abb. 73—74) stehend, nur ein Hochbau gewesen sein. 
Der italische Tempel hat keine Ringhalle wie der griechische. Er besteht aus 
breiter Cella und tiefer offener Vorhalle. Man hat in Rom aber auch gelegentlich die 
griechische Tempelform nachgeahmt, so im zweiten Jahrhundert v. Chr. beim Tempel 
des Jupiter Stator auf dem Platz des Metellus (Abb. 32), der nach Vitruv (III 2, 5) eine 
Ringhalle hatte, und im ersten Jahrhundert v. Chr. beim Diana-Tempel in Gabii, der 
noch teilweise erhalten ist. Diese klassizistische Nachahmung hat es noch ófters ge- 
geben. Sie ist jedoch für die Geschichte der rómischen Baukunst und ihrer besonderen 
Probleme ziemlich belanglos. Zu Beginn des ersten Jahrhunderts v. Chr. wird nun 
eine neue Form ausgebildet, bei der zwar die italische Anlage des Podien- und Vor: 
hallenzTempels beibehalten wird, aber zugleich ein griechisches Aussehen erreicht 
werden soll. Man umzieht zu diesem Zweck die Cella mit Halbsáulen. In dieser Ge: 
stalt entsteht ein jonischer Tempel in Tibur (Tivoli) und ein dorischer in Cori, und 
auch der bekannte jonische Tempel auf dem Rindermarkt in Rom (Abb. 59) ist nach 
diesem Grundsatz errichtet. Zartgliedrig und eigentümlich spróde, in den einzelnen 
Schmuckformen üppig belebt, in Grund: und Aufrif$ jedoch steif, sind diese Tempel ! 
Gegenstücke zu den republikanischen Portráts aus der ersten Hälfte des Jahr: 
hunderts. Die Besinnung auf kubische und stereometrische Grundformen, welche 
im Porträt der dreißiger Jahre anzutreffen war, ist in dem kleinen Marmorbau der 
Regia vom Jahre 36 v. Chr. zu erkennen. 
Es war nicht die umgebildete, verkümmerte oder vermafte Einzelform griechi- 
scher Bauornamentik und auch nicht der einzelne Tempelbau als solcher, worin sich 
das Römische aussprechen konnte. Es mußten Planungen konstruktiver Art sein. 
Deshalb setzt der Gestaltungswille bei den Platzanlagen ein. Wir haben schon ge: 
sehen, dal} in der Neugestaltung des pompejanischen Forums durch die Siulenhallen 
des Popidius und die Anlage des Jupiter-Tempels in der zweiten Hälfte des zweiten 
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