Full text: Die Wirtschaftsbestimmung der Ostmark

    
1. Der Raum 
I. Volkswirtſchaftliche und wirtſchaftspolitische 
Vorbedingungen. 
1. Der Raum. 
Die öſterreichiſch-ungariſche Monarchie war an dem Nationaliktäten- 
problem zugrunde gegangen!). Nach ihrem Zerfall war Öſterreich ein rein 
deutſcher Skaat geworden; nicht etwa weil das Friedensdiktat von 
Stk. Germain auf das völkiſche Selbstbestimmungsrecht geachtet hätte -~ 
sonst wären vor allem die sudetendeutſchen Gebiete und Südtirol nicht ab- 
getrennt worden; doch auch nicht weil man etwa auf räumliche Einheit ge- 
ſehen hätte ~ sonst hätten auch die Südsteiermark und Ödenburg bei Öſter- 
reich bleiben müssen. Der Rumpf, der verstümmelt blieb, bis er wieder 
organiſches Glied des Reiches wurde, war aber annähernd rein deutſch 
besiedelt. 
Das merkwürdigste Kennzeichen des Raumes der heutigen Oſtmark iſt, 
daß er in jeder Richtung über sich hinaus weiſst. 
Der Kernſtock, um den sich die osſtmärkiſchen Landschaften lagern, wird 
von den Uralpen gebildet, oder genauer von dem Ostteil jenes „Haupk- 
gebirges des ganzen Europa“, das „Deutſchlands Fundament iſt, auf dem 
es ruht“?). Durch den Alpenkamm hängt die Ostmark an ihrer ſchmalsten 
Seite mit dem Westen, im besonderen das Land vor dem Arlberg mit dem 
Schweizer Land zuſammen, mit dem es auch die alemanniſche Bevölkerung 
gemeinſam hat. Als ein „Fundament Deutſchlands“ sind die Alpenländer 
stärker und in ihrer ganzen Breite mit dem Norden verbunden. Doch auch 
nach Süden bildet der Hauptkamm der Alpen keine völkiſche Grenze. Seik 
mehr als einem Jahrtauſend halken Tirol, Kärnken und Steiermark als 
deutſche Marken für Deutſchland den Weg nach dem Süden offen, eine 
Funktion, die erst durch den Verluſt des Zuganges zum Meer, sowie der 
. ſüdlichen Teile Tirols und der Skeiermark beeinträchtigt wurde. 
  
So wenig wie der Alpenkamm im Süden, bildet die böhmiſche Masse 
im Norden die Grenze, denn an ihr hat die Oſtmark durch das Mühl- und 
Waldviertel – und jüngstens auch wieder durch das Einzugsgebiet der 
Moldau im Böhmerwald = teil. Zwiſchen ihren Vorbergen und jenen der 
Karpaten zieht, dem Lauf der March aufwärts folgend, die alte Straße zur 
mähriſchen Pforte und weiter nach dem Nordoſten. 
Nach dem ſüdlichen Osten aber führt die Donau, jener „Haupktstrom des 
ganzen Europa, der aus dem Schoße Deutſchlands hervorgeht“'?). Dort wo 
der Hauptſstrom das Hauptgebirge berührt, öffnet sich zugleich das Wiener 
Becken, das vom Leopoldsberg bis zum Thebener Kogel reicht, mit dem 
  
     
    
    
    
	        
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