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138 VI. Vorlesung.
Phasen des Abbaus setzen Oxydationen ein. In diesem Zusammenhang sei
ganz kurz ein Problem von allergrößtem Interesse gestreift, auf das wir
später noch eingehend zurückkommen.!) Es handelt sich um die Lieferung
der bei der Muskelarbeit notwendigen Energie. Wir wissen jetzt, daß die
Muskelzelle als Maschine betrachtet, keine kalorische, sondern eine chemo-
dynamische ist, d. h. es findet nicht eine Umwandlung von chemischer
Energie in Wärme und eine weitere in Arbeitsenergie statt, vielmehr ist
die Verwertung der chemischen Energie eine direkte. Ferner hat es sich
herausgestellt,‘ daß man bei der Muskeltätigkeit und der ihr zugrunde
liegenden Vorgänge drei Phasen zu unterscheiden hat, nämlich: 1. die
Kontraktion des Muskels. Sie vollzieht sich, ohne daf) Sauerstoff verwendet
wird. Somit stammt die zu dem erwähnten Vorgang notwendige Energie
aus Spaltungsvorgängen. Sie wird bei der Zerlegung von Traubenzucker
oder einer ihm verwandten Verbindung in Milchsäure in Freiheit gesetzt.
Der Energiebedarf für den Kontraktionsvorgang ist gering. Es folgt dann
2. die Periode der Erschlaffung und an diese schließt sich. 3. die Periode
der Erholung und Wiederherstellung an. Es scheint, daß im ersten und
zweiten Stadium, dem der Zusammenziehung und dem der Erschlaffung,
in der Hauptsache physikalisch-chemische Kräfte eine Rolle spielen. Bei
der ersteren wird offenbar Quellungsenergie verbraucht, die in der Zeit der
Erschlaffung wiedergebildet wird. In der Periode der Erholung wird
Sauerstoff zur Wiederherstellung jenes Zustandes verbraucht, der erfor-
derlich ist, um auf einen Reiz hin, der in gewissem Sinne mit einem
Anstoß vergleichbar ist, wieder eine Zusammenziehung auslösen zu können.
Es ist selbstverständlich von allergrößtem Interesse alle diese Phasen in
allen Einzelheiten mit den Teilvorgängen des Zuckerabbaus in Zusammen-
hang zu bringen. Gewiß hat jede Abbaustufe neben ihrer Bedeutung
als Energiequelle noch eine ganz besondere Rolle bei bestimmten Phasen der
Muskeltätigkeit zu spielen.
Daß Arbeitsleistung ohne Sauerstoff möglich ist, beweisen u. a. die
Beobachtungen von Hermann?), Pflüger?) und Bunge*). Hermann wies nach,
daß ein ausgeschnittener Muskel, aus dem kein Sauerstoff mehr auspump-
bar ist, in einem sauerstofffreien Medium arbeiten und Kohlensäure er-
zeugen kann. Daneben beobachtete Hermann noch die Bildung einer Säure
(Milchsäure). Pfäger gelang es, einen Frosch bei einer Temperatur von
wenigen Graden über 0? in einer sauerstofffreien Atmosphäre 25 Stunden
lang lebensfähig zu erhalten. Dabei schied das Versuchstier beträchtliche
!) Vgl. hierzu: A. V. Hill: J. of Physiol. 46. 28, 435 (1913); 48. XI (1914);
Physiol. Reviews. 2. 310 (1922). V. v. Weizsácker: Sitzungsber. der Heidelberger
Ak. d. Wissenschaften. Math.-naturw. Klasse. Jg. 1917. 8. Abhandl; Münchner med.
Wochenschr. Nr. 7, 247 und Nr. 8, 257 (1915), — Vgl auch J. Parnas: Pflügers
Arch. 134. 441 (1910). — J. Parnas und R. Wagner: Biochem. Zeitschr. 61. 387
(1814). — J. Parnas: Zentralbl. f. Physiol. 30. 1 (1918). — J. Bernstein: Pflügers
Arch. 159. 521 (1914). — Otto Meyerhof: Pflügers Arch. 175. 88 (1919); 182. 232,
284 (1920); 185. 11 (1920); 188. 114 (1921); 195. 22 (1922) — Vgl auch J.v. Kries:
Ebenda. 190. 66 (1921). — W. Hartree und A. V. Hill: Journ. of physiol. 54. 84
(1920); 55. 133 (1921). — Vgl ferner Jakob K. Parnas: Biochem. Zeitschr. 116. 71,
102 (1921).
?) Hermann: Untersuchungen über den Stoffwechsel der Muskeln. Berlin 1867.
3) E. Pflüger: Pflügers Archiv. 10. 251 (1875).
Y) G. Bunge: Zeitschr. f. physiol. Chemie. 8. 48 (1883/84); 12. 565 (1888); 14.
318 (1889).