Vorlesung VII.
Kohlehydrate.
VI
Die Regulation des Kohlehydratstoffwechsels. — Alimentäre Glukosurie.
— Zuckerzentrum. — Bedeutung der Nebennieren für den Zuckerstoff-
wechsel der Leber.
Wir wollen zunächst zusammenfassen, was wir bis jetzt über das
Verhalten der mit der Nahrung aufgenommenen Kohlehydrate im tierischen
Organismus erfahren haben. Zunächst unterliegen die Kohlehydrate der
Verdauung im Darmkanal. Die aus mehreren Bausteinen aufgebauten
Verbindungen werden durch bestimmte Fermente zerlegt. Schließlich bleiben
im wesentlichen nur noch einfachste Bausteine übrig. Nichts erinnert mehr
an den ursprünglichen, einer bestimmten Aufgabe angepaßten Bau. Wir
sind nicht imstande, aus der Art der Bausteine Schlüsse auf die Struktur
jenes Polysaccharids zu ziehen, dem sie entstammen. Die einfachen‘ Ab-
baustufen werden resorbiert und dem Blute übergeben. Für den tierischen
Organismus spielt als Transportzucker und als Material zu deu ver-
schiedensten Zwecken der Traubenzucker die Hauptrolle. Fruktose und
Galaktose kónnen leicht durch Umlagerung in Glukose übergeführt werden.
Es dürfte im wesentlichen nur Traubenzucker dem Blute übergeben werden.
Der Anteil des aufgenommenen Traubenzuckers, der augenblicklich
keine Verwendung findet, wird in Form von Gly kogen oder Fett abgelagert.
Die Leber- und Muskelzellen sind die Hauptspeicher für das erwähnte
Polysaccharid. Die einzelne Zelle beginnt ihre Umsetzungen beim Trauben-
zucker. Stehen ihr Polysaccharide, wie z. B. Glykogen, zur Verfügung,
dann zerlegt sie diese zunächst durch Hydrolyse, bis der Abbau zu Glukose
führt. Diese verwertet die einzelne Zelle je nach Bedarf. Bald wird sie
neue Polysaccharide oder auch Glukoside bereiten, bald braucht sie Energie
und spaltet, um solche zu erhalten, Glukose, bald werden Abbaustufen aus
ihr als Ausgangsmaterial zur Synthese bestimmter Verbindungen ver-
wendet. Eine solche Synthese ist die Bildung von Fett aus Kohlehydraten.
Die Glukose kann nicht direkt in Fett übergehen. Sie muß in noch
einfachere Bruchstücke zerlegt werden. Wir begegnen, wenn wir den Abbau
der Glukose durch die Zellen genau verfolgen, Abbaustufen, von denen aus
eine Bildung der Komponenten der Fette verständlich wird. Es hat sich
herausgestellt, daß die Glukose nicht direkt zu Kohlensäure und Wasser,
den Stoffwechselendprodukten der Kohlehydrate, abgebaut wird. Es erfolgt
vielmehr ein stufenweiser Abbau, der in der Hauptsache mit einer
Spaltung einsetzt. Erst bei tieferen Spaltstücken erfolgen im allgemeinen
Oxydationen. Wahrscheinlich verläuft der Abbau des Traubenzuckers je
nach Bedarf verschieden.