Vorlesung XI.
Fettstoffe und ihre Bausteine: Fettsäuren und
Glyzerin.
Wir sind den Fetten und ihren Bestandteilen schon wiederholt be-
gegnet. Einmal wurde festgestellt, daß Kohlehydrate in Fette übergehen
kónnen!) und ferner der eine Baustein der Fette, das Glyzerin, Trauben-
zucker liefern kann. Endlich trafen wir auf die Fette, als die Herkunft
der Azetonkörper besprochen wurde.?) Die Fette unterscheiden sich von den
Kohlehydraten schon durch ihr ganz verschiedenes Aussehen und vor allem
durch die eigenartigen Löslichkeitsverhältnisse. Sie sind mit wenigen Aus-
nahmen?) unlóslich in Wasser, dagegen lösen sie sich in einer Reihe organi-
scher Lösungsmittel, wie Äther, Chloroform, Benzol, Azeton, Schwefel-
kohlenstoff, Tetrachlorkohlenstoff. Manche Fette lösen sich auch
ganz gut in Alkohol. Die Fette zeigen je nach ihrer Zusammensetzung
einen ganz verschiedenen Schmelzpunkt. Manche sind bei Körpertemperatur
flüssig, andere sind weich und wieder andere fest. Alle Fettarten sind
in reinem Zustande farblos und ferner geruch- und geschmacklos. Schüttelt
man ein flüssiges Fett energisch mit Wasser, dann erscheint dieses zu-
nächst milchig getrübt. Es ist ganz undurchsichtig geworden. Bei ge-
nauerem Zusehen erkennt man, daf die Trübung durch ungezàhlte, kleinste
Fetttrüpfchen bedingt ist. Durch das Schütteln mit dem Wasser ist das
Fett zerstáubt worden. Nach einiger Zeit hellt sich das Gemisch auf.
Man beobachtet, daß größere Fetttropfen entstehen. Diese sammeln sich,
da das spezifische Gewicht der Fette kleiner als 1 ist, an der Oberfläche
des Wassers an. Schließlich schwimmt auf dem Wasser die ursprüngliche
Fettschicht und das Wasser ist wieder ganz klar. Man nennt das er-
wähnte Zerstäuben des Fettes in Wasser Emulgieren des Fettes. Kine
Emulsion, die nach einiger Zeit wieder verschwindet, wird als eine
unbeständige bezeichnet. Eine beständige Emulsion wird erhalten, wenn
man Öl z. B. mit Gummi zusammen schüttelt. Das Gummi bindet dabei
das ganze Wasser. Es bildet sich eine Emulsion von Öl in dem stark
hydratisierten Kolloid Gummi.*)
5:8. 11v.
?) Siehe Vorlesung X.
3) Diese betreffen Verbindungen zwischen Glyzerin und Fettsáuren mit niederer
Kohlenstoffatomzahl, die jedoch in der Natur keine Rolle spielen.
*) Vgl. Martin H. Fischer und Marjan O. Hooker: Kolloidz. 18. 129 (1916).