416 XXI. Vorlesung.
COO . NH, COO . NH,
2H.CO. NH, 4-H,0—» | +4H--H,0-—>, NH,
CO . NH, CH, «NH,
COOH
|
CH, . NH,
Glykokoll.
Es war somit geglückt, aus Kohlensáure, Wasser und Ammoniak —
das Formamid kann man sieh, wie schon betont, aus Kohlensáure
bzw. Kohlenoxyd und Ammoniak entstanden denken — eine Aminosäure
zu gewinnen. Eine weitere Möglichkeit für die Bildung der Aminosäuren
in der Pflanzenwelt ist damit gegeben.
Für das Verständnis der Wege, die die Pflanze bei der Bildung der
Aminosäuren einschlägt, ist es von der größten Bedeutung zu erfahren,
ob sie nur bei Gegenwart von Lichtenergie eintritt. Es hat sich
gezeigt, daß die Eiweißbildung auch im Dunkeln erfolgt. Voraussetzung
ist, daß der Pflanze Kohlehydrate zur Verfügung stehen. Es scheint somit
für diesen Fall der ziemlich sichere Nachweis erbracht, daß eine Bildung von
Aminosäuren auf Kosten von Kohlehydraten erfolgen kann. Die zur Reduktion
der Salpetersäure notwendige Energie wird bei Abwesenheit von Licht-
energie durch Oxydationsvorgänge geliefert. Auch die Pflanzenzelle baut ihre
organischen Stoffe stufenweise ab und macht dabei Energie frei. Sie ver-
braucht Sauerstoff und atmet Kohlensäure aus. Am Tage wird dieser
Vorgang durch die Kohlensäureassimilation und Sauerstoffabspaltung ver-
deckt. Es ist möglich, daß die Bildung der Aminosäuren überhaupt in
keinem direkten Zusammenhang mit der Lichtenergie steht, sondern viel-
mehr immer in den gleichen Bahnen verläuft. Die Steigerung der Eiweiß-
bildung bei Beleuchtung könnte vielleicht darauf beruhen, daß durch die
Assimilation der Kohlensäure und des Wassers den Pflanzenzellen in ver-
mehrter Menge Kohlehydrate und Materialien zur Bildung von Energie zur
Verfügung gestellt werden. Es ist jedoch auch möglich, daß die Pflanze die
Bildung der Aminosäuren auf verschiedene Arten bewirken kann. Bald
benutzt sie vielleicht Lichtenergie, bald bereitet sie sich die nötige Energie
durch Abbau organischer Verbindungen.
Der Bildung von Nitrit- bzw. Nitratstickstoff aus Ammoniakstick-
stoff steht ein interessanter entsprechender Vorgang zur Seite. Wir kennen
nümlieh Lebewesen, die Sehwefelwasserstoff zu Schwefel oxydieren
können. Es sind dies die in der Natur sehr verbreiteten Schwefelbak-
terien.!) Sie sind zuerst in Schwefelquellen aufgefunden worden. Besonders
eingehend untersucht worden ist die Gruppe Beggiatoa. Der Vorgang ver-
läuft, wie folgt: H, S -- O — H, O 4- S. Der gebildete Sehwefel wird zu-
nächst in der Zelle abgelagert oder auch sofort zu Schwefelsäure oxydiert.
Beide Vorgänge, die Schwefelbildung und die Entstehung der Schwefel-
säure, verlaufen exotherm. Die Schwefelbakterien spielen im Kreislauf
YY Winogradsky: Botan. Ztg. 439 (1877). — Ormeliansky: Zentralbl. f. Bakt. 14.
(2). 769 (1908). — M. Düggeli: Neujahrsbl. der Naturforsch. Gesellsch. Zürich.
121 (1919).