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434 XXII. Vorlesung.
meisten der genannten Verbindungen dürften auch in der Pflanze in keinen
direkten Beziehungen zur Kohlensäure- und Wasserassimilation stehen.
Die Pflanzenzelle wird vielmehr diese Produkte aus den ihr zugeführten,
aus der Assimilationstätigkeit hervorgegangenen organischen Verbindungen
durch mehr oder weniger eingreifende Umwandlungen erst nachträglich
bilden. Der tierische Organismus beschränkt sich im großen und ganzen
auf einen Umbau der ihm mit der. Nahrung zugeführten Verbindungen.
Er vollzieht keine umfassenden Synthesen mehr. Auch dann, wenn er
neue Verbindungen formt, erkennen wir unschwer den Zusammenhang mit
dem Ausgangsmaterial. Die Pflanzenzelle geht vielleicht zum Teil von
den gleichen Materialien aus, wie die Tierzelle. Sie reduziert, oxydiert,
bildet aus aliphatischen Kohlenstoffketten aromatische, spaltet gebildete
Ringe wieder auf usw. Nichts erinnert schließlich mehr an das Ausgangs-
produkt als die elementare Zusammensetzung. Gewiß wird man in Zukunft
die Entstehung der einzelnen Verbindungen genauer verfolgen können und
all die Wege klarlegen, die die Pflanzenzelle einschlägt, wenn es gilt,
bestimmte Verbindungen aufzubauen. In vielen Fällen sind wir leider bis
jetzt nicht über die Isolierung einzelner Produkte hinaus gekommen. Es
fehlt uns die Kenntnis ihrer Bedeutung für den Organismus, der sie ge-
bildet hat.
Ziemlich eingehend untersucht ist der Eiweißstoffwechsel der
Pflanze. Es unterliegt wohl keinem Zweifel mehr, daß er viele Züge mit
dem des tierischen Organismus gemein hat. Die Pflanzenzellen ver-
fügen über Fermente, die Eiweif, Peptone?) und Polypeptide?)
hydrolysieren kónnen. Es entstehen Aminosüuren.?) Aus diesen
kann die einzelne Zelle von neuem Eiweiß aufbauen, oder aber es knüpfen
sich an diese Abbaustufen Umwandlungen anderer Art an.
Besonders lebhaft ist der Abbau von Eiweifstoffen bei der Keimung
von Samen. Das Reserveeiweif wird stufenweise abgebaut. Es lassen sich
alle mógliehen Abbaustufen nachweisen. Man findet Peptone*) und Amino-
süuren?) in buntem Gemisch. Eine Anhüufung dieser Produkte findet
nieht statt. Die gebildeten Abbauprodukte werden fortgeführt und dienen
einerseits zur Synthese von Eiweif in den neugebildeten Zellen, andrer-
1) Gorup-Besanez: Ber. d. Deutsch. Chem. Ges. 7. 569 (1874); 8. 1510 (1875);
9. 673 (1876). — Green: Philos. Transact. Royal Soe. 178. 39 (1887). — A. Scheunert
und Grimmer: Zeitschr. f. physiol. Chem. 48. 27 (1906). — W. Zaleski: Ber. d. Deutsch.
Botan. Ges. 23. 133 (1905). — Moncorvo: Journ. d. Thérap. 7. 6 (1880). — Martin:
Journ. of phys. 5. 313 (1884); 6. 336 (1885). — O. Emmerling: Ber. d. Deutsch. Chem.
Ges. 35. 195 (1902). — Hahn und Geret: Zeitschr. f. Biol. 40. 117 (1900). —
Fr. Kutscher : Zeitschr. f. physiol. Chem. 38. 59 (1901). — Vgl. weitere Literatur bei Carl
Oppenheimer: Fermente und ihre Wirkungen. 4. Aufl. F. C. W. Vogel. Leipzig 1913.
?) Emil Abderhalden, Y. Teruuchi, Alfred Schittenhelm, August Rilliet, Damm-
hahn, Hans Pringsheim: Zeitschr. f. physiol. Chem. 49. 26 (1906); 55. 395 (1908); 57.
332 (1908); 59. 249 (1909).
3) Vgl. E. Schulze und N. Castoro: Zeitschr. f. physiol. Chem. 41. 455 (1904);
43. 170 (1904). — J. Reynolds Green und Henry Jackson: Proceed. of the Royal Soc.
77(B). 69 (1905). — E. Schulze: Zeitschr. f. physiol. Chem. 47. 507 (1906). — E. Schulze
und E. Winterstein: Ebenda. 65. 431 (1910). — E. Godlewski: Bull. de Acad. des Se.
de Cracovie. Classe des Sciences math. et nat. (B). 623 (1911). — W. Zaleski: Beitr.
zum Bot. Zentralbl. (1) 27. 63 (1911). — E. Schulze: Zeitschr. f. physiol. Chem. 71. 31
(1911). — W. Palladin: Biochem. Zeitschr. 89. 290 (1912); 42. 325 (1912); 44. 318 (1912).
*) W. R. Mack: Zeitschr. f. physiol. Chemie. 42. 259 (1904).