Full text: Die organischen Nahrungstoffe und ihr Verhalten im Zellstoffwechsel (1. Teil)

Eiweißstoffe und ihre Bausteine. 465 
Nahrung, besonders, wenn er Produkte verzehrt, die mit Reservestoffen 
beladen sind, wie Knollen, Zwiebeln, Samen, neben Eiweiß und geringen 
Mengen von Eiweifabbaustufen mehr oder weniger grobe Mengen von 
Süureamiden — Asparagin und Glutamin — auf.!) Beim Fleisch- 
fresser spielen derartige Verbindungen keine Rolle bei der Ernührung. 
Der tierische Organismus nimmt somit die zur Klasse der Eiweib- 
stoffe gehörenden Verbindungen fast ausschließlich in Form von Eiweiß 
auf. Es gilt dies besonders für die Karnivoren und auch die Omnivoren, 
sofern diese ihre Nahrung hauptsächlich aus der Tierwelt beziehen. 
Zunächst kommen die Eiweißstoffe der Nahrung in der Mundhöhle mit 
dem Sekret der Speicheldrüsen in Berührung. Der Speichel enthält 
keine auf Eiweiß eingestellten Fermente. Die Verdauung der Pro- 
teine beginnt erst im Magen. Hier finden sich proteolytische Fermente. 
[hre Wirkung wird durch gründliches Zerkauen der Speise in der Mund- 
höhle sehr begünstigt. Je kleiner die Partikelchen der Nahrung in den 
Magen kommen, um so mehr Angriffspunkte finden die Fermente. Beson- 
ders die Pflanzennahrung bedarf einer ausgiebigen Zerkleinerung, damit 
der Inhalt der einzelnen Zellen freigelegt wird. Sehr günstig wird die 
Verdauung der Proteine beim Pflanzenfresser auch durch die vorausgehende 
Mazeration der Pflanzenteile in den wiederholt erwähnten besonderen Ab- 
schnitten des Anfangsdarms beeinflußt. Die Erweichung der starren Hüllen 
der Pflanzenzellen unter dem Einfluß feuchter Wärme befördert die Auf- 
lösung der Gewebe in feinste Teilchen. Während man z. B. im Wieder- 
käuermagen im Inhalt des Pansens noch leicht die aufgenommenen Gewebe 
— Halme, Blätter usw. — erkennen kann, findet man schon im Blättermagen 
ein fast homogenes Gemisch feinster Teilchen, das makroskopisch nur schwer 
noch Besonderheiten unterscheiden läßt. 
Im Magen unterliegen die Eiweifstoffe der Einwirkung des sauren 
Magensaftes. In ihm findet sich ein Ferment, Pepsin genannt, 
das Proteine in Peptone zerlegt. Das Pepsin wird von Zellen (Haupt- 
zellen bestimmter Drüsen der Magenschleimhaut in Form einer unwirk- 
samen Vorstufe, dem Pepsinzymogen, auch Propepsin genannt, abge- 
sondert.?) Die Überführung in das aktive Ferment besorgt die 
Salzsäure. Sie ist der Aktivator des zymogenen Zustandes des Pepsins. 
Pepsin entfaltet nur in saurer Reaktion seine Wirkung. Alkalische Reak- 
tion verniehtet sie. Die saure Reaktion braucht nieht dureh Salzsáure bedingt 
zu sein, andere Süuren, wie Oxalsüure, Milehsáure, Apfelsüure usw.?), 
können die Salzsäure vertreten. Trotz vielfacher Bemühungen ist es noch 
nicht geglückt, die Wirkung des Pepsins auf Eiweiß und vor allem die 
Bedeutung der Säure vollständig klarzulegen. Nach den einen Autoren 
wirkt das Pepsin nur dann, wenn freie Sáure zugegen ist^) nach anderen 
*) Vgl. hierzu vor allem die Arbeiten von FE. Schulze: z. B. Zeitschr. f. physiol. 
Chem. 47. 507 (1906); Landwirtsch. Jahrb. 35. 261 (1906). 
?) J. N. Langley: Journ. of. Physiol. 3. 269 (1881). — J. N. Langley und Edkins: 
Ebenda. 7. 871 (1896). — Vgl. auch Chapoteaut: Compt. rend.’ de l’Acad. des Sciences. 
94. 1722 (1882). — Pódwissotzki: Pflügers Archiv. 39. 62 (1882). 
3) Davidsohn und Dieterich: Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 690 (1860). 
*) Huppert und Schütz: Pflügers Archiv. 80. 470 (1900). — A. Müller: Deut- 
sches Arch. f. klin. Med. 94. 27 (1908). — H. Davidson: Zeitschr. f. Kinderheilk. 2. 
109 (1911); 5. 94 (1912). — L. Tobler: Ebenda. 5. 85 (1912) — B. Salge: Ebenda. 
111 (1912). — G. Edwald: Deutsches Arch. f. klin. Med. 106. 498 (1912). — Vgl. 
s d Ed. Zunz: Hofmeisters Beitr. 2. 435 (1902). 
Abderhalden, Physiologische Chemie. I. Teil, 5. Aufl. 30 
  
  
 
	        
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