542 - . XXVI. Vorlesung.
ein weiteres Moment eingreifen, damit nicht auf einmal große Mengen
von einfachsten Bausteinen der Proteine ins Blut übertreten. Wir beob-
achten nämlich, daß bei der Verfütterung von vollständig bis zu Amino-
säuren abgebautem Eiweif im Harn nur sehr geringe Mengen von Amino-
süuren auftreten. Ja selbst bei jenem Versuche, bei dem ein Hund aus-
schließlich mit vollständig verdautem Fleisch gefüttert worden war —
Kohlehydrate und Fett wurden nicht verabreicht —, war der Gehalt des
Harns an Aminosäuren gering.!) In diesem Falle waren ‚große Mengen
von Aminosäuren aufgenommen worden. Es ist möglich, daß die
Geschwindigkeit ihrer Resorption von dem Gehalt der Darmwand an
Aminosäuren abhängig ist. Diese selbst entledigt sich vielleicht der auf-
genommenen Abbaustufen nach Maßgabe des Gehaltes des Blutes an diesen.
Dieser ist wiederum abhängig vom Zuspruch der Gewebe. Entziehen sie
ihm viele Aminosäuren, so können weitere Mengen von solchen nachge-
schoben werden. Ist der Bedarf der Zellen an Aminosäuren vollständig
gedeckt, dann werden wahrscheinlich die weiteren Aminosäuremengen, die
noch zur Verfügung stehen, direkt zur Bildung von Kohlehydraten ver-
wendet. Es spricht sehr vieles: dafür, daß dieser Umbau sich in. der Leber
vollzieht. Dieser werden ja die resorbierten Aminosäuren auch in erster
Linie zugeführt. Sie kann sehr wohl Aminosüuren zurückhalten und so den
‚Gehalt des Blutes an solchen regeln. Da sie das Ammoniak, das bei der
Abspaltung der NH,-Gruppe aus den Aminosäuren sich bildet, direkt zur
Bildung von Harnstoff bzw. von. Harnsäure verwenden kann, so braucht
es beim Abbau von Aminosäuren in den Leberzellen nicht zum Übertritt von
Ammoniak in das Blut zu kommen.
Wir müssen uns nun noch der Frage zuwenden, woher die Ei-
weißstoffe des Blutplasmas stammen, und welche Bedeu-
tung ihnen zukommt. . Wir verfügen zurzeit über folgende Befunde.
Die im Plasma sich findenden Eiweißkörper stellen ein Gemenge ıver-
schiedener Eiweißarten dar. Wir kennen Albumine und Globuline. Beide
Gruppen sind auch chemisch gut charakterisiert. Die Globuline enthalten
Glykokoll, den Albuminen fehlt diese Aminosáure. Auch sonst zeigen
beide Eiweifarten grofe Unterschiede in der Zusammensetzung. Es ist
ganz ausgeschlossen, daf) Globuline in Albumine übergehen, ohne daf ein
tiefereifender Abbau vorausgeht und eine Synthese nachfolgt. Der Gehalt
des Plasmas an diesen beiden Proteinen wechselt. Im. Hungerzustand hat
man z. B. eine Abnahme von Albuminen beobachtet.?) Man hat auch bei
verschiedenen Tierarten Unterschiede festgestellt. Ferner wird ein Einfluß
des Alters der Tiere angegeben.?) Uns interessiert hier nur die Tatsache,
da die Proteine des Plasmas einem Wechsel unterworfen sind. Entziehen
wir einem Tiere Blut, dann wird dieses bald wieder ergünzt. Dabei müssen
sehr vieldeutig und unsicher. Vgl. z. B. v. Jaksch: Zeitschr. f. klin. Med. 47. 1 (1902);
50. 167 (1903). — 4. Ignatowski: Zeitschr. f. physiol. Chemie. 42. 388 (1904). — F. Erben:
Zeitschr. f. physiol. Chemie. 43. 320 (1905). — A. Lippstein. Hofmeisters Beitrige. 7. 527
(1906). — W. Frey: Zeitschr. f. klin. Medizin. 72. 383 (1911).
‘) Emil Abderhalden und Akikazu Swwa: Zeitschr. f. physiol. Chemie. 68. 416
(1910).
*) Albrecht Burckhardt: Archiv f. experim. Path. u. Pharm. 16. 322 (1883). —
Johann Lewinski: Pfliigers Archiv. 100. 611 (1903).
3) Vgl. J. Homer Woosley: Journ. of biol. Chemie. 14. 453 (1913). — C. E. Wells:
Ebenda. 15. 37 (1913).