Full text: Die organischen Nahrungstoffe und ihr Verhalten im Zellstoffwechsel (1. Teil)

  
  
  
  
  
  
690 XXXIII. Vorlesung. 
ganzen Tierreihe die zweite Komponente des Blutfarbstoffes zu sein, 
nàmlich das Hàmochromogen bzw. dessen Sauerstoffverbindung, das 
Hämatin.!) 
Das reduzierte Oxyhämoglobin, das Hämoglobin, kristallisiert 
ebenfalls. Es bildet lange, dunkelrote, doppelbrechende Nadeln, rhombische 
Prismen und holoëdrische Tafeln. Die Kristalle des Hämoglobins lôsen 
sich in Wasser leichter als die des Oxyhämoglobins. Sie bilden dichroi- 
tische Lösungen. In dicker Schicht sehen sie dunkelkirschrot, in dünner 
grünlich aus. 
Den Eiweißpaarling des Blutfarbstoffes haben wir bereits besprochen. 
Er gehört zu den basischen Proteinen. Sein avffallend hoher Gehalt an 
Histidin ist es hauptsächlich, der ihm die basischen Eigenschaften ver- 
leiht. Noch nieht begegnet sind wir bisher dem nichteiweißartigen Paarling 
des Hämoglobins bzw. Oxyhämoglobins. Schon der Umstand, daß wir zwei 
verschiedene. Verbindungen nannten, als wir von diesem Paarling beim 
Hämoglobin und Oxyhämoglobin sprachen, weist darauf hin, daß 
offenbar ihm die Bindung des Sauerstoffs zukommt. Dem ist in der Tat 
so. Zunächst beobachtete man, daß die roten Blutkörperchen Sauerstoff 
binden können. Dann lokalisierte man diese Eigenschaft auf den in ihnen 
enthaltenen roten Farbstoff. Man fand, daß dieser ebensoviel Sauerstoff 
festhalten kann, wie die der betreffenden Hämoglobinmenge entsprechende 
Anzahl roter Blutkörperchen. Weiterhin wurde dann gezeigt, daß das 
Hämochromogen genau so viel Sauerstoff binden kann, als die ihm ent- 
sprechende Menge Hämoglobin. Damit ist sichergestellt, daß dem Hämo- 
chromogen die Funktion, Sauerstoff zu binden, zukommt. 
Es wäre von allergrößtem Interesse, wenn wir genau wissen würden, . 
in welcher Art und Weise der Sauerstoff und auch die anderen Gase, die 
vom Hämochromogen gebunden werden können, mit diesem verankert 
sind. Da es Eisen enthält, dachte man schon frühzeitig daran, daß diesem 
die Funktion zufällt, die betreffenden Gase zu binden. Einen klaren Ein- 
blick in die Bindungsverhältnisse des Hämochromogens und des Sauer- 
stoffs werden wir ohne Zweifel erst erhalten, wenn die Konstitution der 
ersteren Verbindung vollständig klargestellt ist, und wir vor allem auch 
genau wissen, wie das Eisen in das ganze Molekül eingefügt ist. Es ist 
vielleicht im Hämoglobin in der Ferro- und im Oxyhämoglobin in der 
Ferriform vorhanden.?) 
Das Hämochromogen geht unter Sauerstoffaufnahme in Hämatin 
über. Zerlegen wir Oxyhämoglobin in seine Anteile, dann erhalten wir 
direkt Hämatin. Das gleiche ist der Fall, wenn Hämoglobin unter 
Luftzutritt gespalten wird. Will man zum Hämochromogen gelangen, dann 
muß man jeden Zutritt von Sauerstoff vermeiden. Der Blutfarbstoff läßt 
sich sehr leicht in seine Bestandteile zerlegen. Schon Essigsäure veranlaßt 
die Abscheidung des eisenhaltigen Paarlings. Diese leichte Spaltbarkeit 
des Hämoglobins in seine Anteile weist darauf hin, daß Globin und 
!) Vgl. hierzu u. a. W. Dilling: Atlas der Kristallformen und der Absorptions- 
bänder der Hámochromogene, F. Enke. Stuttgart 1910. 
?) Wilhelm Manchot: Zeitschr. f. physiol. Chemie. 70. 230 (1910); Liebigs Annal. 
372. 179 (1910). — W. Manchot u. F. Huttner: Ebenda. 372. 153 (1910). — W. Man- 
hot : Biochem. Zeitschr. 43. 438 (1912); Ber. d. Deutschen Chem. Gesellsch. 45. 2869 (1912).
	        
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