Fermente. 297
hat diese Ansehauung weiterhin bestürkt.!) Eine weitere Stütze hat die
Annahme einer innigen Beziehung von Ferment und Substrat durch die
Beobachtung erhalten, daß der zeitliche Ablauf der Spaltung eines
Dipeptids durch Zusatz derjenigen Aminosäuren, die in den
Proteinen vorhanden sind, stark gehemmt wird.?) Die auf eine
große Anzahl von Aminosäuren ausgedehnten Versuche erg gaben das Re-
sultat, daß nur der Zusatz der in der Natur vorkommenden
optisch- aktiven Aminosäuren den Verlauf der Fermenthydro-
lyse in ausgesprochenem Maße hemmt. Im gewählten Beispiel hat
z. B. -Alanin kaum merklieh verlangsamend mewirkt. Glykokoll beeinflußt
den Fermentabbau ebenfalls kaum. Es hängt dies vielleicht damit zu-
sammen, daß diese Aminosäure nicht, wie Mie übrigen aus Eiweiß gewon-
nenen einfachsten Bausteine, asymmetrisch gebaut ist.
Die Ursache der hemmenden Wirkung der Spaltprodukte ist wohl nicht
in jedem Falle einheitlich. In manchen Fällen bedingen sie eine Änderung
der Reaktion des Mediums, in dem sich die Fermentvorgänge vollziehen.
Durch Anwendung von Regulatoren (vgl. S. 160) läßt sich dieser Einfluß aus-
schalten. Die festgestellte Hemmung von Fermentvorgängen durch die durch
sie bedingten P rodukte ist von großer Bedeutung für “die Erk làrung der Tat-
sache, weshalb beim Versuch im Reagenzglas der Fermentabbau von | Proteinen
und ihren noch zusammengesetzten Abbaustufen auffallend viel langsamer
verläuft, als im Darmkanal. Bei ersterem bleiben die Spaltprodukte in. der
Verdauungsflüssigkeit liegen. Bei der normalen Verdauung werden dagegen
die entstehenden Abbauprodukte sofort resorbiert und so bestündig entfernt.
Dazu kommt dann ohne Zweifel noch, daß durch das Liegenbleiben der Spalt-
produkte die Reaktion des Mediums oft in einem für die Fermentwirkung
ungünstigen Sinne beeinflußt wird. Endlich bildet sich auch ein Gleich-
gewichtszustand aus, wenn die gebildeten Abbaustufen nicht entfernt werden.
Ganz entsprechende Beobachtungen über die Hemmung der Ferment-
wirkung durch Abbaustufen sind bei den Kohlehydraten gemacht worden.
Fruktose hemmt z. B. die Wirkung der Saccharase.®) Glukose hemmt eben-
falls, jedoch weniger stark als Fruchtzucker.
Es sei noeh darauf hingewiesen, daf) die optisch-aktiven Polypeptide
mit großem Erfolge zur Entscheidung weiterer Fragestellungen verwendet
werden können. Ein sehr wichtiges Problem ist z. B., ob die proteo- und
peptolytischen Fermente verschiedener Herkunft identisch sind
oder nicht. Daß dies nicht der Fall ist, haben wir schon erwähnt. Pepsin
spaltet keines der bis jetzt daraufhin untersuchten Polypeptide. Trypsin
oder, richtiger ausgedrückt, vorlüufig zur Gruppe dieses Fermentes hinzu-
gerechnete ‘Fermente greifen sehr viele davon an. Manche widerstehen
ihnen. Erepsin scheint dagegen alle bis jetzt dargestellten Polypeptid-
ketten, an deren Aufbau die in der Natur vorkommenden Aminosäuren
1) Emil Abderhalden und Leonor Michaelis: Zeitschr. f. physiol. Chem. 52. 326
(1907). — Emil Abderhalden und A. Fodor: Fermentforschung. 1. 533 (1916) Karl
Gustav Dernby: Biochem. Zeitschr. 81. 107 (1917).
2) Emil Abderhalden und Alfred Gigon: Zeitschr. f. physiol. Chemie. 53. 251
(1907). — Vgl. auch Emil Abderhalden und Markus Guggenheim: Zeitschr. f. physiol
Chemie. 54. 331 (1908).
3) E. F. Armstrong: Proceed. of the Royal Soc. (B). 73. 500, 516, 526 (1904).
V. Henri: Z. f. physiol. Chemie. 39. 194 (1901). L. Michaelis und. M. L. Menten: Bio-
chem. Z. 49. 333 (1913). — L. Michaelis und H. Pechstein: Biochem. Zeitschr. 60. 79 (1914).
rss dor
add ‘
Ie]