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lóster Form im Harn. Im allgemeinen kann man die in ihm enthaltenen
Stoffe als Ausgaben in Rechnung setzen. Der Harn enthült jene festen
Produkte des Zellstoffwechsels, die ihre Rolle im Organismus ausgespielt
haben. Sie sind aus Nahrungsstoffen hervorgegangen, die den Zellen vom
Blute aus zur Verfügung gestellt wurden. Dabei ist es gleichgültig, .ob
diese eben erst zugeführt wurden oder aber aus Vorrüten herstammen,
oder gar aus dem Abbau von Zellbestandteilen hervorgehen. Das Wesentliche
ist, daß es sieh um Stoffe handelt, die dem Zellstoffwechsel angehören.
Viel sehwieriger ist der Kot zu beurteilen. Seine Bestand-
teile sind in ihrer Herkunft nicht einheitlich. In ihm sind Reste
der von zahlreichen Drüsen in den Darm ausgeschiedenen Sekrete ent-
halten. Sie können je nach der Art der Nahrung ganz beträchtlich sein
und die Aufstellung einer Stoffwechselbilanz stark stören. Die mit den
Sekreten nach außen abgegebenen Stoffe haben dem Organismus angehört
Es sind Zellinhaltsstoffe! Sie müssen daher anders bewertet werden als
unverdaut gebliebene Nahrungsreste. Wir kommen auf diesen Umstand
noch eingehend zurück. Ferner enthült der Kot stets eine reichliche Menge
von Darmbewohnern — Bakterien.) Endlieh führt der Kot unter gewóhn-
lichen Umständen eine Ausnahme macht der Hungerzustand — An-
teile der aufgenommenen Nahrung mit sich, die nicht zur Aufnahme in
den Körper gelangt sind und damit auch nicht den Zellen des Organismus
zur Verfügung standen. Es ist klar, daß diese Produkte vom Standpunkt
des Stoffwechsels aus eine ganz andere Bewertung verdienen als jene Stoffe,
die in den Zellen entstanden und durch die Nieren bzw. Lungen oder
den diesen homologen Organen zur Ausscheidung gekommen sind. Man wird
von Fall zu Fall zu entscheiden haben, wie man die Anteile des Kotes
zu bewerten hat. Handelt es sich um Bestandteile der Nahrung, die un-
ausgenützt liegen geblieben sind, dann wird man die Einnahmen um den
betreffenden Betrag an den einzelnen Produkten kürzen und damit die
Nettoeinnahme feststellen und nur die im Harn auftretenden Stoffe als
Ausgabe in Rechnung setzen. Beim Eisen und ferner beim Kalzium, der
Phosphorsäure und vielleicht noch bei anderen Mineralstoffen ist jede Stoff-
wechselbilanz deshalb unmöglich, weil eine Ausscheidung in den Darm
hinein erfolgt (vgl. S. 27). Es ist nicht möglich, zu erfahren, welcher An-
teil z. B. des im Kot enthaltenen Eisens der Resorption entgangen ist, und
ein wie grofer Teil davon aus den Zellen des Organismus stammt und
dureh die Diekdarmzellen zur Ausscheidung gelangt ist.
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Erwühnt sei noch, daf auDer den genannten Ausgaben auch noch
andere in Betraeht kommen kónnen. Je nach der Tierart spielt die
Haut beim Gaswechsel eine mehr oder weniger bedeutungsvolle
Rolle. Die Hautatmung ist bei den Amphibien besonders gro.
während sie bei den übrigen Tieren eine nur ganz untergeordnete Bedeu-
tung hat. Dagegen kommen bei diesen andere Ausgaben von seiten dei
Haut in Frage. Da ist einmal der Abstofung von Epithelien und von
keratinhaltigen Hautgebilden zu gedenken. Bestündig fallen z. B. Haare
bzw. Federn aus. Bei Tieren, die einen Winter- und Sommerpelz besitzen
‘) Der Kot kann bei Verfütterung leicht verdaulicher Nahrung ganz aus Bakterien
bestehen. Vgl. Thomas B. Osborne, Lafayette Mendel, Albert G. Hogan und Edna
L. Ferry: Journ. of biol. chem. 18. 177 (1914).