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Da die einzelnen Theile eines Baums. unter ſich in mehrer Rückſicht in
einer genauen Verbindung ſtehen: so wirkt z. B. eine Beſchädigung oder ein
Beſchneiden eines Aſtes auf Stamm und Wurzeln, und wenn diese leiden, ſo
empfinden es die Aeſte, Zweige, Blätter und die übrigen Theile ebenfalls. Man
ſieht deswegen oft ſtarke, gesunde Bäume plötzlich trocken werden, wenn ihnen
ein zu großer Theil der Aeſte oder wohl gar die ganze Krone genommen iſt, wie
man dieſes zum Beyſpiel an den in den Baumſchulen durchs Pfropfen veruns
glückten Stämmen auch bey mancher todtgehauenen Büche bemerken kann. Der
gemeine Mann ſagt alsdann, daß der Stamm ſich todtblute, gewöhnlich aber iſt
eine darauf entſtandene ſchnelle Stockung der Säfte Schuld daran. Es können
daher einige Baumarten zu gewiſſen Zeiten im Jahre ein solches Abſchneiden und
Beſchädigen ehender vertragen. Mancher ſchwächere und in einem geringern
Wachsthum ſtehende Baum verträgt es mit wenigerer Gefahr, als ein ſolcher,
der im vollen Safte wächſt, und ehender werden die auf dem Gebirge und auf
magerm Grunde ſtehenden Bäume solche Verwundungen aushalten, als die,
welche in fetten Auen ſtehen.
§. n159.
Ein zu ſtarkes Entblättern oder Beſchädigen der Blätter durch Inſecten
oder dergleichen iſt auch deswegen besonders in der vollen Saftzeit den Bäumen
äußerſt nachtheilig, und oft werden dadurch mehrere plötzlich oder doch nach eis
nigen Jahren getödtet, da solche Bäume zu einer andern Jahrszeit doch ihre
Blätter ſelbſt abwerfen. Ein höchſt nachtheiliges Beyſpiel hiervon geben die
durch die berüchtigte Fuhrenraupe (Phalena pini bombix) getödteten Fuhren,
wovon in der Beſchreibung der Nadelhölzer und besonders der Fuhren mehreres
vorkommen soll. So wie nun durch das Beſchneiden in einem Baume die vers
hältnißmäßigen Wirkungen der einzelnen Theile unter ſich gehemmet oder gar ge-
ſiört werden können, so werden ſolche auch in andern Fällen dadurch gewonnen
und hergeſtellte; es wird z. B. den neu verpflanzten Bäumen mit Nußtzen ein Theil
ihrer Zweige und Aeſte genommen, um dadurch den, durch das Verpflanzen
geſchwächten Wurzeln, zu Hülfe zu kommen und ihnen das Zuführen des Safts
zu erleichtern. Ungeſchickte Gärtner und Forſtmänner aber nehmen ſolchen
Bäumen nur zu oft zu viele Aeſte, und schwächen dadurch die Wurzeln noch
mehr : denn nur ein richtiges Verhältniß zwischen dem Zuführen des Safts durch
die Wurzeln und dem gehörigen Bedürfniß deſſelben für die Aeſte und Zweige
(Erſter Theil) N kann