S 355
90
s. w. nur in der ihnen eigenen Form wachsen, wenn ſte auf einem freyen
Platze ungeſtört gewachſem ſind, ſte erſcheinen alsdann weit mehr belaubt,
und weit aſtreicher, auch mit beſſer vertheilten Aeſten, als wenn ſte in dem
Gedränge anderer Bäume, aus Mangel der nöthigen Lift unverhältnißmäſ-
ſige, zu lange und nur ſchwache Stämme und unförmige Aeſte haben treiben
müſſen, wie wir es an allen Arten von Bäumen bemerken, die in ſtarken
Dickichten aufgewachsen ſind, oder bey denen wir auch dieſes durch zweck-
mäßige Behandlung zur Erziehung hoher Stämme bewirket haben. Ver-
ſchiedene Dinge bemerken wir aber an den Bäumen, von welchen uns die
Veranlaſsungen unbekannt, oder wenigſtens nicht ganz erklärbar ſind, hiers
hin gehören zum Beyſpiel die Verdrehungen, welche an verſchiedenen Stäms .
men vorkommen, worin die ſonſt gerade gehenden Holzfaſern eine Schrauben-
ähnliche Windung erhalten. Dergleichen Stämme werden gedrehete, oder
gewundene, Stämme genennet, und ſind als Nutholz faſt gar nicht zu ges
brauchen.
Man giebt gewöhnlich den Wind, als die nächſte Veranlassung ſolcher
Erſcheinung an, bey einer nähern Ueberlegung aber, wird man hierbey zu
viel widerſprechendes finden, als daß derſelbe solche Bäume ſo drehen könnte,
daß ſie in der Stellung der ganzen Länge nach fortwachſen s2Uten. Auch habe
ich ſolche Verdrehungen ſchon an zwey bis dreyjährigen Pflänzlingen gefunden,
die der Wind unmöglich gedrehet haben konnte. Ich vermuthe, daß die
Ursache davon in dem erſten Keime liegen mag, und daß aus dieſem hernach in
derselben Richtung die fernern Triebe fortwachſen ; iſt der Stamm denn erſt-
gedrehet, so wird er es bis zum höchſten Alter und bis zur größeſten Stamms
ſtärke bleiben, weil die neuen Jahrsringe den ältern in ihrer Lage folgen.
Die vielen auch gedreheten Aeſte in ſolchen Bäumen machen dieſe Vermuthung
noch wahrscheinlicher, an mehreren dergleichen Bäumen habe ich die Aeſte sogar
neben einander in entgegengeſeßter Richtung gedrehet befunden.
§. n136.
Die so ſehr große Fruchtbarkeit einiger Holzarten iſt eine für den Nature .
forſcher ganz auffallende Bemerkung, besonders, wenn er ſclbſt die in die Mil-
lionen gehende Progreſſton in der Fruchtbringung des Gerſtenkorns gegen das
ſo viele Jahre anhaltende Saamenbringen einer Büche, Eſche und Birke
vergleicht, ſo daß, wenn alle Saamenkörner aufgiengen, wenige Bäume hin-
reichen könnten, um in einer kurzen Reihe von Jahren den ganzen Erdboden zu
beſäen und in eine Waldung umzuſchaffen. Allein auch dieſer uns gefährlichen
Frucht-