Full text: Der Urnenfriedhof Dingen, Kr. Wesermünde

  
Den Namen Dingen erklären G. v. d. Osten?) und E. Rüther*) übereinstimmend als 
„Dingstätte‘‘. Der Flurname ,Oetig“ oder ,Atig“, der nicht weit von Dingen vorkommt, be- 
deutet nach G. v. d. Osten ,Versammlungsplatz am Wasser oder auf der Au“; Sachsendingen 
— „zur Dingstätte der Sachsen“. 
Bodenverhältnisse, 
Bei den Grabungen ließen sich im unberührten Boden die folgenden Erdschichten mehr oder 
weniger deutlich unterscheiden: Unter der oberen Humusschicht, der Ackerkrume, lagert der so- 
genannte „Knick“, ein stark eisenhaltiger, unfruchtbarer Tonboden mit vielen aus Eisenhydroxyd 
gebildeten Röhren von vermoderten Pflanzenwurzeln. Dann folgt ein sandhaltiger Tonboden und 
darunter, in etwa 1m Tiefe, der Klei- oder Schlickboden, wie man ihn auf den Schlickwatten der 
Außenweser findet. 
Dieser Untergrund, der in der Tiefe an Kalkgehalt zunimmt, wird in den Marschen vielfach 
nach oben geschafft, um die Fruchtbarkeit des Bodens dadurch zu erhöhen. Im Lande Wursten 
und ebenso in H a deln bezeichnet man diese Tátigkeit der ,Kleigräber“ als ,Kuhlen“ oder ,Wühlen*. 
Zur Frage der sákularen Senkung. 
Der Friedhof Dingen ist nicht allein für die frithgeschichtliche Forschung, sondern auch für 
die Alluvial-Geologie sehr wichtig. Wohl allgemein als Tatsache ist von dieser anerkannt, daß die 
Litorinasenkung auch die südliche Nordseeküste in Mitleidenschaft gezogen hat; der Senkungsbetrag 
muß an der Niederweser mindestens 16 m erreicht haben. Nach H. Schütte*) folgte darauf 
in vorgeschichtlicher Zeit eine Hebung von 2m und dann, etwa von Chr. Geb. an, wieder eine Senkung 
von mindestens 3m, eine Ansicht, die von anderer Seite energisch bestritten worden ist. 
Gegen die Annahme einer Senkung in geschichtlicher Zeit ist u.a. angeführt worden ©), daB 
die Urnen auf dem Friedhof Dingen in der gewöhnlichen Tiefe von 40—70 cm gefunden sind; 
wenn der uneingedeichte Marschboden infolge der andauernden Senkung durch Neuaufschlickung 
erhöht worden wäre, dann müßten auch die Urnen entsprechend tiefer stehen. 
Durch diesen Einwurf ist die Streitfrage aber nur scheinbar im negativen Sinne gelöst; denn 
Schütte konnte mit Recht für seine Ansicht geltend machen, daß der Friedhof ursprünglich 
möglicherweise auf einer niedrigen Wurt angelegt und erst später durch Aufschlickung der Um- 
gebung allmählich verdeckt und mit dieser in die gleiche Höhe gebracht worden sel. 
Diese Annahme muß auf Grund der Beobachtungen, die bei den Grabungen und später bei an- 
gestellten Bohrungen gemacht worden sind, wohl als unbegründet abgelehnt werden. Schon Dr. Gótze 
fand an einer Stelle in 50 cm Tiefe eine durchgehende, dünne, unberührte ,Moorschicht‘“, wobei es 
sich jedenfalls „um das Verkohlungsprodukt einer ehemaligen Rasendecke* handelte. J. Martin”) 
konnte diese Schicht bei späteren Bohrungen in ca. 70 cm Tiefe im ganzen Umkreis des Friedhofes 
feststellen und bis in die Nähe der Stelle verfolgen, wo von Dr. Bohls Urnen aufgedeckt worden 
sind. Der Boden zeigte in ganz geringem Abstand von dieser Fundstelle keinerlei Spuren einer 
Durcharbeitung; er machte den Eindruck des unberührten Urbodens, nicht aber den der auïgetragenen 
Wurterde. Denselben Eindruck gewann Chr. Brockmann bei der Grabung im Jahre 1908. Die 
Westseite des Grabes, worin der Baumsarg gefunden wurde, hob sich auffallend scharf von der 
Grubenfüllung ab und machte durchaus den Eindruck des gewachsenen Bodens. Dieser war in den 
oberen Partien deutlich geschichtet und zeigte u. a. auch einen durchgehenden handbreiten dunklen 
Streifen. 
Da Schütte seine Ansicht auch noch auf andere geologische Tatsachen stützt, ist die Senkungs- 
frage an sich mit diesen Feststellungen in Dingen natürlich noch nicht im Sinne seiner Gegner 
entschieden; es kann hier aber nicht weiter darauf eingegangen, sondern nur auf die unter An- 
3) Jahresbericht d. Männer V. Morgenstern I, 1898, S. 79, 80. 
a) Heimatkunde d. Reg.-Bez. Stade I, 1909, S. 419. 
5) Heimatkunde d. Herzogt. Oldenburg I, 1913, S. 212. 
€) F. Schucht, Beitrag zur Geologie der Wesermarschen 1903, S. 57. 
7) Jahrb. f. d. Gesch. d. Herzogt. Oldenburg XVIII, 1910, S. 180.
	        
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