Full text: Lehrbuch der physiologischen Chemie

   
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Vorlesung 9. 
Kohlenhydrate. Ihr Verhalten im Verdauungsapparat. Resorption der gebildeten 
Abbauprodukte dureh die Dünndarmsehleimhaut. Verhalten der von dieser aui- 
genommenen Glukose im Organismus. Glykogen- und Fettbildung. Die Leber 
als Zentraldepot tür Glykogen. Kohlenhydrate und Muskelarbeit. Respiratorischer 
Quotient. Einriehtungen, die den Kohlenhydrathaushalt steuern: Nervensystem, 
Hormone (Kortikosteron, Adrenalin, Insulin). Einregulierung des Blutzucker- 
gehaltes. 
Nachdem wir uns iiber den Aufbau der fiir uns in Betracht kommenden Ver- 
treter der Kohlenhydrate unterrichtet haben, wollen wir ihr Schicksal in unserem 
Organismus verfolgen. Es sei gleich vorweggenommen, dal wir die in der 
Nahrung enthaltenen Kohlenhydratezusammengesetztier 
Natur nieht unmittelbar übernehmen kónnen. Auch sie unter- 
liegen, wie die Fette, Phosphatide usw., der Einwirkung von Fermentsystemen 
im Verdauungskanal. Ihre Wirkung ist dieselbe, wie sie der Lipase eigen ist, d. h. 
es kommt zur Hy drolyse. Wir besitzen in unserem Speichel eine Ferment- 
gruppe, genannt Diastase, die Polysaccharide, wie Glykogen und Stérke, 
über Dextrine in Maltose zu zerlegen vermag. Es ist ferner Maltase! vor- 
handen, die aus Maltose zwei Moleküle Glukose hervorgehen läßt. Der Umfang 
dieses Verdauungsvorganges hängt von vielen Momenten, wie Verweildauer der 
Speise in der Mundhöhle, Ausgiebigkeit des Kauaktes verbunden mit entspre- 
chender Einspeichelung des Bissens, Art der in der Nahrung vorhandenen Poly- 
saccharide, ab. Eine erhebliche Bedeutung kommt bei uns der im Munde statt- 
findenden Kohlenhydratverdauung im allgemeinen nicht zu. Sie kann übrigens 
im Magen noch eine Fortsetzung finden, und zwar begünstigt durch die Er- 
scheinung der Schiehtung des Mageninhaltes?. Wáhrend man früher 
annahm, da der Inhalt des Magens rasch vóllig durcheinandergemischt wird, 
ergaben Versuche der folgenden Art, daß das nicht zutrifft. Man gab Tieren in 
bestimmten. Zeitabständen (z. B. nach 5 bis 15 Minuten) verschieden gefärbte 
Kartoffelstücke zu fressen. Nach der letzten Nahrungsaufnahme wurden sie sofort 
getötet. Dann wurde der Magen durchgefroren und quer oder längs aufgesägt. 
Dabei ergab sich, daß die zuerst aufgenommene Nahrung der Magenschleimhaut 
benachbart war, während die zuletzt verabreichte sich mehr in der Mitte des 
Mageninhaltes befand. Nun liefern bestimmte Zellarten von Magendrüsen Salz- 
säure. Daher ist die Reaktion des Magensaftes sauer. Diastase und Maltase wirken 
nun nur bei schwach alkalischer Reaktion, nicht jedoch bei saurer. Das bedingt, 
daß die Fermente des Speichels im verschluckten Bissen gerade so lange ihre 
Wirkung entfalten können, als der Magensaft nıcht bis zu ihnen vorgedrungen 
ist. Wir haben nun schon S.17 erfahren, dafi bei fettreicher Nahrung Inhalt 
des Duodenums in den Magen gelangen und dort unter Umständen mit seinen 
Fermenten Wirkungen entfalten kann?. Nun haben wir eben wieder einen Fall 
kennengelernt, der zeigt, dal] ein Drüsensekret seine Aufgabe in Hinsicht auf 
fermentative Wirkung fern von dem Ort seiner Abgabe ausüben kann. 
Die Hauptverdauung der zusammengesetzten Kohlen- 
hydrate vollzieht sich im Dünndarm. Hier wirken Diastase, 
1 In der Regel führt die einzelne Fermentart den Namen des Substrates, das von ihr ver- 
wandelt wird, unter Anfügung der Endsilbe ,,a se". 
2 Ph.S.37. — 3 Ph. 8. 39. 
   
   
  
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
  
   
   
   
   
   
   
   
  
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
  
  
   
   
  
   
  
     
     
  
  
	        
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