Zweites Kapitel. 
Das geometrische Zeichnen. 
1. Die Elementaroperationen. 
Schon aufSeite 5 bemerkte ich, dass das konstruktive Zeichnen, das geometrische 
wie das projektive, in der wiederholten Anwendung einiger weniger Elementar- 
Operationen bestehe, zu deren Ausführung wir nur des Zirkels und des Lineals be- 
dürfen. Die auszuführenden Operationen sind: 
1. Das Ziehen beliebiger gerader Linien und solcher, von welchen zwei 
Punkte gegeben sind. 
2. Das Schlagen eines Kreises um einen gegebenen Punkt als Mittelpunkt 
mit einer vorgeschriebenen Strecke als Halbmesser. 
3. Das Ziehen einer Geraden, welche mit einer gegebenen Geraden einen 
vorgeschriebenen Winkel einschliesst und dieselbe in einem bestimmten Punkte 
schneidet (Fällen und Errichten von Senkrechten). 
4. Das Ziehen von Parallelen. 
5. Das Halbieren eines Winkels. 
6. Das Teilen von Strecken bezw. das Abschneiden von Strecken. 
Das unter 1. und 2. Verlangte ist ohne weiteres ausführbar. 
Lösung zu 3. Um eine Gerade zu zeichnen (Fig. 45), die eine andere in 
einem gegebenen Punkt P unter dem vorgeschriebenen Winkel a schneidet, be- 
schreibe man um den Scheitel S des gegebenen Winkels a und um den Punkt P 
der Geraden mit beliebigen aber gleichen Halbmessern Kreise, die die Schenkel 
des Winkels in A und B und die Gerade in C schneiden mögen, ziehe die Sehne 
AB und beschreibe mit letzterer als Halbmesser um C einen Bogen, der den 
‚ersteren in D schneidet und verbinde D mit P. Dann ist Linie DP die verlangte. 
Häufig ist der gegebene Winkel ein rechter. In einem solchen Falle greift 
der Zeichner gewöhnlich nicht zum Zirkel. Ist AB (Fig. 46) eine auf der Zeichen- 
ebene befindliche Gerade, zu der im Punkte P die Senkrechte errichtet, oder auf 
welche vom Punkte P‘ die Senkrechte gefällt werden soll, so lege man eins der 
Dreiecke mit einer seiner Katheten an die Schiene an und verschiebe Schiene mit 
Dreieck so, dass die Hypotenusenkante mit der Linie AB zusammenfällt. Wird 
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