zierliche Ausbildung der Gebälke, Marmorverkleidung mit farbigen Einlagen kenn-
zeichnen diese venetianische Frührenaissance, Fig. 357.
Und wie hier der farbige Wandschmuck der Inkrustationen, so ist es an
anderer Stelle die bunte Behandlung der Wandflächen mit gemalten Arabesken,
die von der regen Verzierungslust der Frührenaissance ein Zeugnis gibt. Ein
Beispiel bildet hier der Palazzo del Consiglio zu Verona, der den berühmten
Architekten Fra Giocondo zum Urheber hat, Fig. 358. Besonders fein und zierlich
ist hier die Behandlung des architektonischen Aufbaues gehalten.
Auch der in Fig. 359 dargestellte Palazzo Comunale zu Brescia, von
Formentone erbaut, gehórt mit seinem reichen Skulpturenschmucke den hervor-
ragenden Bauwerken der Frührenaissance an, wenn auch die oberen Teile erst
später im Sinne dieser schmuckliebenden Anfangsperiode hinzugefügt sind.
Dass aus dieser so baulustigen und ruhmbegierigen Periode der italienischen
Frührenaissanee gar vieles, manchmal sogar das Beste und Grossartigste, nicht
ausgeführt worden ist. lehren uns die zahlreichen, in den Museen aufbewahrten
Entwürfe aus jener Zeit. Eins aber bleibt vor allem bewundernswürdig und
steht unerreicht in der Geschichte der Baukunst da — das ist die ungemeine
Vielseitigkeit der führenden Meister, die zugleich auf allen Gebieten Neues und
in seiner Art Vollendetes zu schaffen vermochten und dabei noch als Menschen
den gróssten Eindruck machten.
„Wenn der Architekt eine Kunstaufgabe hatte, so dachte er sieh nicht blos
die Mauern mit ihrem architektonischen Schmuck allein, das andere den andere
überlassend, sondern er dachte sich zugleich die Wände mit figurenreichen Gobelins
oder mit Malereien bedeckt; er dachte sich das Treppenhaus, die Hallen, die
Nischen mit Bronze- und Marmorfiguren, die Zwischenfelder mit plastischen und
malerischen Ornamenten. Er dachte sich selbst die Möbel gross, breit und
prächtig und die Wandkästen gefüllt mit den edelsten Gefässen und Geräten.
Darum zeigen auch alle italienischen Paläste jener Zeit nicht bloss die ZTOSS-
gedachte Anlage, die breite, edle Würde, die schwungvolle Pracht, sondern vor
allem auch die Zusammengehörigkeit, die Charakterharmonie aller ihrer Be-
standteile“*),
Backstein-Bauweise zu Bologna.
Kine ganz besonders künstlerische Pflege gewann an den Palastbauten zu
Bologna der Backsteinbau. Das hier übliche Baumaterial an Backsteinen wurde
während der Periode der Frührenaissance bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts
hinein beibehalten und in seinen Formen der neu auftretenden Renaissancekunst
dienstbar gemacht. Die Säulen der an den Strassen liegenden offenen Lauben
wurden gemauert, mit zierlichem Terrakottakapitell versehen und durch reich
profilierte Bögen miteinander verbunden. Fenstergewände und Gesimse nahmen
reichen Schmuck an gebrannten Ornamenten auf; besonders prächtig wirken die
allerdings nur wenig ausladenden Hauptgesimse mit ihren kleinen und dicht-
stehenden Konsolen, Taf. 15/16. Vornehmlich an den Hoffassaden hat dieser Kunst-
zweig ebenso reiz- als stimmungsvolle Architekturen geschaffen, Fig. 360, 361.
*) Vergl. Jakob von Falke, Geschichte des modernen Geschmacks. Leipzig 1880,
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